Wählerverdrossenheit

Ich habe per Briefwahl gewählt. Und zwar Grün, Pirat, Pirat. Erststimme Grün, Zweitstimme Piraten, Bezirksdings ebenfalls Piraten. Schon mit der Drittstimme war ich ehrlich gesagt überfordert, weil ich nicht die geringste Ahnung hatte, ob es da nach Verhältnis- oder Mehrheitswahlrecht geht, ob es also überhaupt Sinn hat, eine Zwergpartei zu wählen.
Ich würde verstehen, wenn Politiker Wählerverdrossenheit hätten, denn mein eigener Bürgersinn war dieses Mal besonders unterentwickelt. Ich habe auf dem Wahlomaten durchgespielt, mit wessen Programm ich am ehesten übereinstimme und heraus kam: Grün, Linke, Piraten.
Allerdings habe ich bei ungefähr 60% aller Fragen gesagt, dass sie mir egal sind, bei 20% wusste ich beim besten Willen nicht, welche Lösung für mich, Berlin oder das Land am besten ist und dazu habe ich auch viel aus dem Bauch entschieden. Heraus kam also meine Herzenspartei, die Grünen, und eine, die ich recht herzhaft verabscheue, die Linke. Und dann noch die, die ich mit dem Bauch wähle. Abgeschlagen wie immer CDU und NPD, ohne dass ich die jetzt in einen Topf stecken wollen würde, das will ich tatsächlich nicht.
Ich weiß nicht einmal, warum die CDU so völlig abgeschlagen bei mir ist, wenn ich ihr Programm lese, wünschen die sich genauso wie ich weiße Weihnacht.
Na klar, es ist putzig, wenn man sich immer aufpumpt, man würde die Bürokratie abbauen und so, und dann sieht das eigene Wahlprogramm so aus:

Aber das ist es nicht, warum ich die CDU nicht wähle. Ohne dass sie oder ich es wüssten, scheinen wir in jedem Punkt unterschiedlicher Meinung zu sein, so als wären wir schon sehr lange sehr unglücklich verheiratet.

Was ich eigentlich sagen wollte: Mit 15 konnte ich noch besser Politik machen als der Bundeskanzler. Jetzt kann ich nicht mal sagen, wem die Berliner S-Bahn gehören soll. Berliner Politiker: Ich verstehe, wenn ihr enttäuscht seid von mir. Ich habe meinen Job nicht gemacht. Mit mir ist kein Staat zu machen.
Aber ich gebe ab jetzt mein Bestes. Wartet nicht drauf, aber: versprochen.

4 comments

  1. Es gibt ja diese Probleme, die zu groß für einen Kopf sind. Ich habe viel über Wirtschaft gelesen, aber ich habe keine Ahnung davon. Woher soll ich also wissen, welche Strategie die richtige ist? Ist es die Pflicht des Bürgers? So sehe ich das nicht. Ein Wahl ist genügend Hoffnung für die Macht. Die Welt ist kompliziert. Die Linke kann ich auch nicht leiden. Reichensteuer klingt gut. Aber was ist schon guter Klang?

    Wahlomaten geben mir Klarheiten und verwirren mich im nächsten Augenblick. Vielleicht muss das auch so sein, eine Eindeutigkeit zu erwarten, ist ja doch irgendwie naiv. Dann lese ich Nachrichten aus verschiedenen Quellen und eine düstere Meldung schlägt die nächste und kein Parteiprogramm wird ein Gleichgewicht herstellen. Jeder neue Satz eine schreckliche Wahrheit. Einerseits stumpft es ab und in den wackeligen Kamerabildern aus dem Kriegsgebiet erkenne ich das Problem gar nicht. Als wären die Augen müde.

    Also wende ich mich hinfort zu einer gewissen Ruhe und es packt mich plötzlich der Eifer, die ganze Welt zu verändern, als sei ich der Auserwählte (vgl. Jesus), sie endlich in rechte Bahnen zu lenken – eine willkürliche Kombination aus Hoffnung und Narzissmus. Ich versage allerdings bereits an den Ideen. Also bleibt Zynismus liegen, der ein bisschen nach Satzanfängen wie “es sollte mal jemand..”, “wieso macht denn niemand..” riecht und mich durchfährt, übernimmt und gleichzeitig anekelt.

    Aber abseits sit auch noch genügend persönliches Unheil, genügend Ecken und Kanten, an die sich gestoßen wird. Einen Augenblick unverwundbar sein, wäre vielleicht nur ein tiefes Durchatmen. Öfter gönnenswert. Ich sah eben eine Dokumentation über deutsche Schüler in einem englischen Internat, die mit siebzehn schon davon sprechen, eine gute Universität zu besuchen und sich auf das Leben in der hohen Etage vorzubereiten. Ich weiß nicht, was ich dazu denke. Was soll ich auch dazu denken? Ich habe nicht zu allem eine Meinung. Ja, manchmal muss ich mich förmlich dazu bitten, nicht zu allem eine Meinung zu haben glauben. Ich zwinge mich dazu, mich zu informieren, umfassend zu informieren, bevor ich etwas gut und schlecht finde. Und dann lese ich diese Wirtschaftsbücher und begreife, dass ich nicht begreifensfähig (klingt falsch, wird auch rot unterstrichen) bin. Ich weiß, viele in der Politik sind klüger als ich, aber ein paar sind aber genauso große, manche sogar größere Idioten.

    Der Wahlomat lässt mich mit einem ähnlichen Ergebnis zurück. Wahrscheinlich hätte ich auch ähnlich wie Du gewählt, lebte ich denn in Berlin. Manchmal ist der Kopf zu hysterisch. Ein Staat macht sich wohl nie komplett, immer unfertig, immer ein Problemkind. In South Park gab es einmal eine Episode, in der die Erde als TV-Show präsentiert wurde, die Leute auf anderen Planeten ansehen. Drama. Ich möchte aber nicht so klingen, als stünde der Weltuntergang kurz bevor. Ich glaube sogar, vieles ist ganz okay, manches auch gut. Gerade stach mich diese verfluchte Mücke und das Jucken meines Armes raubt meine ganze Aufmerksamkeit. Das ist auch gut so. Und eigentlich wollte ich schlafen und nur sagen, dass ich oft denke: ich wähle, aber ich habe keine Antwort auf diese Antworten.

  2. Abgeordnetenhaus: modifizierte Verhältniswahl. Erstsimme: Direktkanditat, Zweitstimme entscheidet über Sitzverteilung und ist damit die Hauptstimme; Hürde 5%; Sitzverteilung nach Hare-Niemeyer

    BVV: Verhältniswahlrecht, daher nur 1 Stimme; Hürde 3%; Sitzverteilung nach d’Hondt.

    Quelle: http://www.berlin.de/imperia/md/content/lzpb/publikationen/uebersicht_nach_themen/berlin/wahlleitfaden.pdf

    Stimmzettelvorschau: http://www.wahlen-berlin.de/

  3. Und deswegen wähle ich per Brief, Malte. Da kann man zur Not nochmal nachschauen, wenn man sich nicht ganz sicher ist, welcher Modus Operandi bei welcher Stimme gültig ist.

    Ich habe mich jetzt mal 4 Stunden hingesetzt und ein paar Daten über die Wahl zusammengestellt, die bisher nicht allzu groß in den Medien diskutiert wurden (z.B. Korrelationskoeffizienten zwischen demographischen Gruppen und Parteien). Feedback willkommen.
    http://wp.me/paYol-13L

    ta-ta
    Eiko

  4. Malte, du solltest lieber beim Bloggen über Fußball und Beziehungen bleiben, da ist einfach mehr los bei den Kommentaren.

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