In vielen Kommentaren zum 20. Geburtstag des WWW klang fast schon mitleidiges Erstaunen an, angesichts des Umstands, dass Tim Berners-Lee, der Erfinder des WWW, nicht reich geworden ist mit seiner Erfindung.
Über den Rechenmeister Adam Ries schrieb die SZ anlässlich seines 450. Todestages:
Das zweite Buch des Adam Ries erwies sich als überaus erfolgreich. Bis zu seinem Tod wurde es mehr als hundertmal aufgelegt. Zu Reichtum gelangte sein Autor dadurch allerdings nicht. Denn mit dem Urheberschutz nahm es im 16. Jahrhundert niemand so genau.
Und nun schreibt der Konzert-Agent Marek Lieberberg wiederum in der SZ über Reflexionen von “Web-Zombies”, die “Filme, Musik und Bücher ablösen” werden. Weil nicht genug Geld verdient wird.
Selbst die verbliebenen Superstars hätten Probleme:
Aber selbst bei diesen Gladiatoren der Arenen herrscht inzwischen Götterdämmerung, denn die Grenzen des Wachstums sind überschritten.
Es ist bedauerlich, dass Lieberberg, der ein Kenner der Musikbranche ist und vieles schreibt, was kein Unfug ist, niemand zur Seite gestellt wird, der sich mit dem Netz auskennt.
Denn wie könnten sonst in diesem Monumental-Angriff auf die Netzkultur Sätze wie diese auftauchen:
Die Unterschiede zwischen ausgebildeten Experten und einfältigen Laien verwischen, weil jeder Narr einen Blog oder ein Video ins Netz stellen, Einträge abändern oder austauschen kann. Zwar wird so gut wie nichts davon angesehen oder gelesen, aber der Lärm des Ganzen ist ohrenbetäubend, das ist das eine – das andere ist, dass auch der Amoklauf von Winnenden gezeigt hat, wie schnell die Öffentlichkeit samt Politik und hochseriösen Blättern den Falschinformationen von flinken Netz-Desperados aufsitzen.
Kein Blogger hat traumatisierte Schulkinder zu Aussagen gedrängelt, kein Twitterer Fotos der Toten veröffentlicht. Die Gegenöffentlichkeit des Netzes hat überhaupt erst dafür gesorgt, dass irgendwann auch die etablierten Medien sich gefragt haben, ob es in Winnenden nicht übertrieben wurde mit dem Prinzip “Ich bin ein Arschloch – Lasst mich hier rein”.
Wenn man aber mal beiseite lässt, dass Lieberberg über das Netz nur vom Hörensagen urteilt, dann bleiben einige Aussagen, die von Gewicht sind.
Warum haben wir uns damit abgefunden, dass die Google-Gründer im gigantischen Umfang Autoren enteignen, warum sehen wir unser Geld bei Steve Jobs besser aufgehoben als bei Mick Jagger?
Warum ist es toll und gerecht, wenn Youtube Geld verdient, aber Universal ist ein Blutsauger?
Es ist für eine Kultur nicht notwendig, dass diejenigen, die sie voranbringen, reich werden.
Aber leben können müssen sie.
Tim Berners-Lee kann leben, Adam Ries konnte leben, ein junger Musiker kann nur leben, wenn seine Eltern tot sind und ihm etwas hinterlassen haben.
Ein freier Journalist kann kaum noch vom Schreiben allein leben.
Aber Steve Jobs geht es gut, einigen Web.2.0-Cleverles geht es gut und wir schauen uns das alles an und feiern die Revolution.
Die Gräben tun sich nicht da auf, wo sie von den Kontrahenten vermutet werden. Die Gräben sind wie immer zwischen denen, die andere arbeiten lassen und dafür gefeiert werden und denen, die Kultur schaffen und gefeuert werden.
“Ein freier Journalist kann kaum noch vom Schreiben allein leben.”
dann such dir halt n richtigen job und jammer nicht. wenn niemand deine artikel etc haben will, dann hast du eben pech gehabt.
geld verdienen ist doch keine selbstverständlichkeit.
Ja, du verrücktes Huhn. nen RICHTIGEN Job – so richtig richtig! Das Copy/Pasten und bisschen Twittern kann doch jeder – pech gehabt.
Also so auf ner richtigen Baustelle oder in nem richtigen Büro, also bei nem richtigen Job hätteste nixmehr zu jammern.
also ehrlich mal (nicht)
@j.
Sehr verehrte anonyme Wurst, ich bin kein Journalist.
…immer wieder erstaunlich wie hoch die öffentliche meinung gegenüber einem beruf ist, der eigentlich mit einen teil dazu beitragen soll, die demokratie zu schützen…liegt zum einen ganz sicher auch an den journalisten und ihrem fehlverhalten selbst, zum anderen aber an einem völlig idiotischem verständnis des bürgers, die demokratie als selbstverständlich und gegeben hinzunehmen. nö, wir brauchen keine journalisten…alles ist gut so wie es ist..amen!
Mit guten Sachen kann man halt meist kein Geld verdienen…Viele Künstler suchen sich dann einen Brotberuf und betreiben das Künstlerische als Hobby. Gefällt mir zwar auch nicht, ist aber vermutlich bei der überwiegenden Zahl der sich zum Künstler berufen Fühlenden unvermeidlich.
Es ist die Schizophrenie einer Gesellschaft, die Millionären wie Oskar Lafontaine glaubt, wenn er sagt, daß alle Millionäre schlecht seien.
Es ist eine Gesellschaft, wo 350 Mrd. jährlich vom “kleinen Mann” an der Steuer vorbeigeschafft werden – durch Schwarzarbeit. Eine Gesellschaft, die im gleichen Atemzug Zumwinkel lynchen möchte für seine 20 Mio. Abfindung und seine an der Steuer vorbeigeschafften Millionen.
Es ist eine Gesellschaft, die alle Lobbyisten aus dem Land jagen möchte, aber vergisst, daß die meisten von uns selbst Lobbyisten sind. Die einen beispielsweise für Atomkraft – die anderen dagegen. Geldorientiert sind beide Industrien und mit Halbwahrheiten arbeiten alle Seiten.
Es ist eine verlogene Gesellschaft, die sich die Realitäten zurechtbiegt. Kapitalisten sind Ausbeuter, auch wenn sie Tausenden Lohn und Arbeit geben, Risiken eingehen und Forschritt und Wohlstand schaffen. Schwarzarbeiter, die unmoralisch handeln, die dem Gemeinwohl schaden, werden nicht kritisiert. Ein Kavaliersdelikt.
Man pickt sich die Rosinen raus, schuld sind eh immer die anderen. Man gönnt nur denen was, mit denen man sich identifiziert und das sind, leider, leider, nicht immer die hellsten Köpfe.
“Man pickt sich die Rosinen raus, schuld sind eh immer die anderen.”
Nee nee, wie wir sehen, ist schuld immer die Gesellschaft, oder habe ich dein Geheule missverstanden?
Offtopic, aber Achtung: Du zitierst obiges Bild als Flickr-Quelle, in den dortigen Kommentaren wird aber darauf hingewiesen das der Flickr-User nicht der Urheber des Bildes ist. Dieser Herr meldet im Flickr-Kommentar sein Urheberrecht an (ohne es weiter nachzuweisen)… Wollt ich nur erwähnt haben ;)
Zum Thema: Tja. Es gibt Berufe in denen ist gut Asche machen und es gibt Berufe in denen das schwer ist. So ist das Leben. Warum man allerdings Leute die viel Asche machen anhimmelt ist mir schleierhaft – muss was mit ins positive verkehrtem Neid zu tun haben. Steve Jobs ist brilliant, aber wäre er 20 Jahre früher geboren wäre er jetzt wohl etwas ganz anderes – was ich damit sagen will ist: viele der gehypten Web-Business-Koryphäen waren einfach mal zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Dass sie andere für sich arbeiten lassen ist aber meiner Meinung nach keine faire Aussage – es gibt nun mal Dienstleister und Produzenten/Künstler/Urheber/Younameit und es ist ganz normal dass jeder seinen Teil des Kuchens haben will. Kurz: Ich sehe Steve Jobs nicht mit Mick Jagger in Konkurrenz.
Danke, habs korrigiert. Verstehen eigentlich die flickr-User, was sie da machen?
http://lexikon2.blog.de/2007/01/02/lexikon2_de_aal_prinzip~1504180/
Was machen flickr User denn? Google, Yahoo & Co bieten Dienstleistungen an. Ich kann meine Inhalte mit ihren Diensten bearbeiten und verbreiten und sie verdienen daran. Telekomunikationsunternehmen oder Paketdienste leben von genau solchen Dienstleistung, ohne, dass sich jemals jemand darüber aufgeregt hätte.
Und wodurch enteignet Google denn im gigantischen Umfang Autoren?
Außerdem profitieren die Autoren doch offensichtlich davon, dass ihre Inhalte bei Google auffindbar sind. Ich kenne jedenfalls keine größere Publikation, die Google aktiv ausschließt aber viele, die ihre Seiten sogar für Google optimieren. Sie tun das bestimmt nicht, weil sie sich damit ins eigene Fleisch schneiden wollen.
Nirgendwo stand/steht geschrieben, dass man mit allem was erfunden, veröffentlicht wird oder einfach nur gut ist, Geld verdienen können muss.
Ich glaube, dass ein sehr guter Journalist heute noch Geld verdienen kann. Die schlechte Masse kann es nicht mehr, das ist hart, aber letztendlich auch nur der Gang der Dinge, der sich seit Jahrzehnten in vielen anderen Branchen schon etabliert hat. Die schreiben natürlich nicht ständig selbstmitleidig darüber, mangels Medium. (Okay. Etwas anders ist es im Toiletten-Biz in Einkaufscentern, ich glaube seit die Preise diktieren und 30 Pfennig in 30 Cent umgesetzt haben, geht’s denen ganz gut.)
Zunehmend finde ich, sollte man ja Volontäre und Praktikanten und Menschen, die bereit sind unterhalb der Branchenlöhne zu arbeiten, einfach mal mit Gefängnisstrafen beglücken. Arbeitgeber, die Arbeit für lau oder noch weniger als lau «einkaufen» auch. Das würde viel regeln. Das eigentliche Problem ist, dass es viel zu viele Menschen gibt, die alle bereit sind für viel zu wenig zu arbeiten. Wie heißt es so schön: sich selber das Grab schauffeln.
Wer keine Arbeitnehmer oder Journalisten mehr findet, die die Arbeit tun, der zahlt denen mehr, die bereit sind die Arbeit zu tun. Das Problem sind wir selber.
@Max
“Verstehen flickr-User, was sie da machen?” war auf den Kommentar zuvor bezogen. Das Bild, das hier zunächst den Beitrag schmückte, war unter CC-Lizenz gelabelt, dem standen aber Rechte eines anderen entgegen.
Und Google enteignet nicht Blogger, sondern Buchautoren:
Siehe hier oder hier.