27
Nov 13

Die geplante Familienpolitik der Großen Koalition

Ich habe aus dem an die Öffentlichkeit geratenen Koaltitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD die Passagen kopiert, in denen es um Familienpolitik geht.
Ich lese diese Abschnitte mit gemischten Gefühlen. Einerseits steht da viel Wünschenswertes. Vieles steht dort gar nicht, aber zu detailliert kann so ein Papier natürlich auch nicht sein.
Und doch fehlt mir die Dringlichkeit: Erstaunlich oft soll angeblich Funktionierendes weitergemacht werden. Und das in einem zuspätgekommenen Land wie Deutschland, das den fortschrittlichen Ländern teilweise 40 Jahre hinterherhinkt.
Es interessiert mich, was Ihr davon haltet, vor allem, was ihr euch zusätzlich wünschen würdet.

Zusammenhalt der Gesellschaft
Bevölkerungswandel gestalten
Die Koalition aus CDU, CSU und SPD begreift den Bevölkerungswandel als fundamentale Herausforderung der gesamten Gesellschaft. Er ist eine Querschnittaufgabe.
Wir werden gemeinsam mit Kommunen, Ländern, und den Gestaltungspartnern die Demografiestrategie weiterentwickeln. Sie wird gemeinsame Ziele festsetzen, Handlungsoptionen der verschiedenen Ebenen und Akteure erarbeiten und gemeinsam Beiträge der Partner verabreden.
Dabei sind die lokal sehr unterschiedlichen Auswirkungen des demographischen Wandels zu berücksichtigen. In den neuen Ländern ist der Bevölkerungswandel beispielsweise schon fortgeschritten. Die dort bewährten Maßnahmen machen wir über das Demografieportal des Bundes und der Länder zugänglich.
Wir wollen mit einem Demografiewettbewerb die Regionen unterstützen, die gute Antworten auf den demografischen Wandel gefunden haben. Familienfreundlichkeit verankern wir als Leitprinzip der Gesetzgebung und exekutiven Handelns.
Wir werden ein Prüfverfahren (Demografie-Check) einrichten, mit dem sämtliche Maßnahmen im Rahmen des Strategieprozesses auf Auswirkungen und Zielerreichung hin überprüft werden.
Wir wollen eine gleichwertige Entwicklung in Stadt und Land. Ländliche Räume haben ebenso wie städtische Gebiete Anspruch auf gute Entwicklungschancen. Wir entwickeln die „Initiative Ländliche Infrastruktur“ weiter und erarbeiten gemeinsam mit den Ländern Konzepte für strukturschwache und besonders vom demografischen Wandel betroffene Räume. Wichtiger Ansatz für eine gute Entwicklung in ländlichen Regionen ist die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Kommunen. Diese werden wir weiter unterstützen.
Der demografische Wandel bringt eine verstärkte Nachfrage nach gut qualifizierten Fachkräften im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich mit sich. Wir wollen gute Arbeit in sozialen Berufen. Wir werden deshalb eine Fachkräfteoffensive sowie eine breit angelegten Kampagne zur Aufwertung dieser Berufe starten.
Familie
Wohlergehen und Fortschritt in unserer Gesellschaft bemesse sich auch daran, wie Menschen miteinander leben, arbeiten und umgehen. Wir wollen das Miteinander aller Menschen in unserem Land fördern, unabhängig von ihrer religiösen, politischen, weltanschaulichen oder sexuellen Identität. Wo Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen, wollen wir sie unterstützen. Dabei setzen wir auf einen Dreiklang von Zeit für Familien, guter Infrastruktur und materieller Sicherheit. Wir wollen Kindern und Jugendlichen gleiche Chancen auf ein gutes Aufwachsen ermöglichen. Die Gleichstellung treiben wir voran. Wir werden dafür sorgen, dass Frauen und Männer ihre Aufgaben in Familie, Beruf und Gesellschaft partnerschaftlich wahrnehmen können und bestehende geschlechtsspezifische Ungerechtigkeiten – insbesondere in der Arbeitswelt beseitigen. Dazu entwickeln wir eine Politik, die die heutigen unterschiedlichen Lebensverläufe berücksichtigt und Antworten auf die Herausforderungen der Lebensphasen gibt.
Diese Politik wird dann erfolgreich sein, wenn sie umfassend die Demographie unserer Gesellschaft zum Gegenstand hat. Familien, Seniorinnen und Senioren, Frauen und Männer sowie Kinder und Jugendliche sind in eine Strategie für die demographische Entwicklung zu integrieren, die über diese Legislaturperiode hinausgreift.
Vereinbarkeit Familie und Beruf, Erziehung, Betreuung, Bildung Kindertagesbetreuung:
Wir wollen die Qualität der Kindertagesbetreuung weiter vorantreiben. Dafür werden wir die unterschiedliche Ausgangssituation in den Ländern berücksichtigen und gemeinsam mit den Ländern unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände ein Qualitätsgesetz auf den Weg bringen. Ziel ist es, Fragen der Personalausstattung, Qualifikation und Weiterbildung der Fachkräfte, des Fachkräfteangebots sowie der Sprachbildung zu regeln. [SPD: Wir wollen vor allem im Interesse der alleinerziehenden und berufstätigen Eltern die Ganztagsbetreuung in Kindertageseinrichtungen bedarfsgerecht schrittweise ausbauen.] Nach der erfolgreichen Einführung der sprachlichen Bildung durch spezialisierte Fachkräfte in den Bundesprogrammen „Frühe Chancen Schwerpunkt-Kitas Sprache & Integration“ wollen wir die sprachliche Bildung weiter in den pädagogischen Alltag integrieren.

Wenn nach dem erfolgreichen Ausbau der Kindertagesbetreuung durch Bund, Länder und Gemeinden weitere neue Bedarfe zum Erreichen und zum Erhalt des Rechtsanspruchs U3 festgestellt werden, werden wir prüfen, [CDU/CSU: ob und] inwieweit sich der Bund an der Finanzierung der Investitionskosten durch die Erweiterung des KfW-Kreditprogramms bzw. durch ein drittes Investitionsprogramm (Sondervermögen) beteiligt.
Wir wollen die Kindertagespflege und ihr Berufsbild weiterhin stärken. Dazu sollen die Qualifizierung von Tagespflegepersonen und die Rahmenbedingungen für ihre Tätigkeit weiter verbessert werden. So wird die Kindertagespflege in das Gesamtkonzept einer qualitativ hochwertigen Betreuung, Erziehung und Bildung eingebunden.
Wir werden noch aktiver für den Nutzen betrieblicher Kinderbetreuungsangebote werben. [Um einen konkreten Anreiz für Unternehmen zur Einrichtung betrieblicher Kinderbetreuungsgruppen zu setzen, werden wir das Förderprogramm „Betriebliche Kinderbetreuung“ fortsetzen.]
[SPD: Auf dieser Grundlage werden die Mittel, mit denen der Bund sich durch eine Überlassung von Umsatzsteueranteilen bereits jetzt an den Betriebskosten (845 Mio. Euro ab 2015) beteiligt in den Jahren 2015 und 2016 in zwei Stufen um insgesamt mindestens 2,1 Milliarden Euro auf 2,945 Milliarden Euro erhöht. Die Laufzeit des Programms Schwerpunkt-Kita Sprache und Integration wird bis Ende 2015 verlängert und mit der zweiten Stufe der Aufstockung der Bundesbeteiligung an den Betriebskosten in die Verantwortung der Länder übergeben.
Zur Gegenfinanzierung werden die durch die Aufhebung des Gesetzes über das Betreuungsgeld eingesparten Mittel eingesetzt. [F: 2015 Mehrbedarf von 1,1 Mrd. Euro, 2016ff Mehrbedarf von 2,1 Mrd. Euro; der Mehrbedarf vermindert sich um die Minderausgaben durch die Aufhebung des Betreuungsgeldgesetzes. Weitere Mehrkosten durch die Fortführung des KfW- Kreditprogramms, des Förderprogramms Betriebliche Kinderbetreuung. Kosten: 110
Mio. Euro/Jahr]
„Erfolgsfaktor Familie“ und „Lokale Bündnisse für Familie“: Familienfreundlichkeit muss ein zentrales Unternehmensziel werden. Mit dem Unternehmensprogramms „Erfolgsfaktor Familie“ setzen wir uns gemeinsam mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft, Gewerkschaften und großen Stiftungen dafür ein, dass immer mehr Unternehmen den Nutzen von Familienfreundlichkeit erkennen.
Mit der Charta für familienbewusste Arbeitszeiten wird alle zwei Jahre ein Gremium aus Vertreterinnen und Vertretern der Sozialpartner und der Bundesregierung einen Bericht „Familie und Arbeitswelt“ mit Empfehlungen vorlegen. Die bewährten Kooperationen mit Kommunen sowie mit Akteurinnen und Akteuren aus Wirtschaft und Gesellschaft im Rahmen der Initiative „Lokale Bündnisse“ für Familie unterstützen wir und gestalten den Prozess.
Beruflicher Wiedereinstieg: Wir werden Frauen und Männer beim Wiedereinstieg in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach einer Familienzeit durch die Weiterführung des Programms „Perspektive Wiedereinstieg“ und durch weitere Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung fördern. Bei Einstellungen und Beförderungen im öffentlichen Dienst soll die Kindererziehung positiv berücksichtigt werden. Frauen und Männer, die eine Familienphase einlegen, sollen dadurch keine Karrierenachteile erleiden.
Mehr Zeit für Familien – Partnerschaftlichkeit stärken
Zeitpolitik: Familien brauchen Zeit füreinander. Deshalb machen wir uns stark für eine moderne lebenslauforientierte Zeitpolitik, die Frauen und Männer dabei unterstützt, Beruf, Familie und Engagement zu vereinbaren. Wir wollen Familien wieder zum Taktgeber des Lebens machen: Arbeitgeber, Betreuungseinrichtungen, Schulen, Ämter und Behörden, Dienstleistungsanbieter und Verkehrsbetriebe sollen die zeitlichen Bedürfnisse von Familien besser berücksichtigen und ihre Öffnungs- und Sprechzeiten aufeinander abstimmen. Zeitpolitik befördert wesentlich Wahlfreiheit und ein partnerschaftliches Zusammenleben in Familien.
Elternzeit: [Wir werden die 36 Monate Elternzeit flexibler gestalten. Dazu sollen auch ohne die Zustimmung des Arbeitgebers nach angemessener vorheriger Anmeldung zukünftig 24 statt 12 Monate zwischen dem 3. bis 14. Lebensjahr des Kindes (bisher 8. Lebensjahr) von Müttern und Vätern in Anspruch genommen werden können.]

Elterngeld: [F: Wir werden dafür sorgen, dass den Bedürfnissen der Eltern durch flexiblere Elterngeldregelungen besser entsprochen wird. Zur Weiterentwicklung des Elterngeldes soll das „ElterngeldPlus“ eingeführt werden. Mit einem „ElterngeldPlus“ wollen wir Eltern für die Dauer von bis zu 28 Monaten die bestmögliche Inanspruchnahme des Elterngeldes in Kombination mit einer nicht geringfügigen Teilzeittätigkeit ermöglichen und damit den Wiedereinstieg, vor allem für Alleinerziehende, erleichtern. Den doppelten Anspruchsverbrauch werden wir hierbei beenden.
Mit dem ElterngeldPlus werden wir einen Partnerschaftsbonus z. B. in Höhe von zehn Prozent des Elterngeldes einführen. Ihn erhalten alle Elterngeldbeziehenden, die beide parallel 25-30 Wochenstunden arbeiten. Kosten: 60 Mio Euro/Jahr]
Haushaltsnahe und familienunterstützende Dienstleistungen: [F: Wir werden für Fa-milien die Inanspruchnahme von haushaltsnahen und familienunterstützenden Dienstleistungen weiter erleichtern. Erwerbstätige Eltern, die im Haushalt Kinder betreuen oder Angehörige pflegen, sollen so unterstützt werden, dass mehr sozialversicherte und fair bezahlte Beschäftigung im Privathaushalt entstehen kann. Dabei wollen wir Alleinerziehende und Mehrkinderfamilien besonders im Blick haben.] Wir werden eine Dienstleistungsplattform aufbauen, auf der legale gewerbliche Anbieter haushaltsnaher familienunterstützender Dienstleistungen für Familien und ältere Menschen leicht zu finden und in Anspruch zu nehmen sind.
Aktive Väter: Eine zeitgemäße Familien- und Gleichstellungspolitik bezieht auch Jungen und Männer ein. Wir wollen auch die Rolle des aktiven Vaters in der Kindererziehung und Familie weiter stärken. Erforderlich sind bessere Rahmenbedingungen, damit Väter und Mütter Aufgaben in Familie und Beruf partnerschaftlich aufteilen und Männer eine engagierte Vaterschaft leben können.
Finanzielle Sicherheit für alle Familien
Kinderarmut bekämpfen: Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinderfreibetrag: [F CDU/CSU: Wir wollen eine finanzielle Entlastung von Familien durch Verbesserungen bei den steuerlichen Kinderfreibeträgen und beim Kindergeld erreichen. Das Kindergeld leistet einen wesentlichen Beitrag zur Armutsvermeidung von Kindern. Wir wollen es in dieser Legislaturperiode erhöhen. Kosten: 10 Euro Kindergelderhöhung = 1,6 Mrd. Euro, 500 Euro Kinderfreibetragserhöhung = 390 Mio. Euro/Bund]
Durch eine Weiterentwicklung des Kinderzuschlags, der unbürokratischer werden soll, erreichen wir eine bessere Absicherung von Familien mit kleinen Einkommen.
Der Kinderzuschlag ist die effizienteste Leistung, um zu vermeiden, dass Familien mit Kindern Leistungen nach dem SGB II beziehen müssen. [F: Daher wollen wir den Kinderzuschlag erhöhen und ihn durch den Wegfall der Höchsteinkommensgrenze stärken. Kosten: 300 Mio. Euro]
[SPD: Der Kinderzuschlag soll so erhöht werden, dass er einschließlich des Kindergeldes und Wohngeldanteils den durchschnittlichen Gesamtbedarf eines Kindes deckt. Erwerbstätige Eltern sollen dadurch unabhängig vom SGB II-Bezug werden. Kosten: noch offen]
Finanzielle Situation Alleinerziehende und Geschiedener: [F: Der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende beträgt seit seiner Einführung zum 1.1.2004 unverändert 1.308 Euro, er soll angehoben werden. Die Höhe des Entlastungsbetrags soll zukünftig nach der Zahl der Kinder gestaffelt werden. Kosten: 60 Mio. Euro/Jahr]
Unterhaltsvorschuss:
[F: Wir streben eine Regelung mit den Ländern an, um eine Erhöhung der Lebensaltersgrenze bei Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz von 12 auf 14 Jahre zu erreichen. Kosten: 80 Mio. Euro/Bund]
Kinderpolitik
[SPD: Wir werden die Kinderrechte im Grundgesetz verankern, insbesondere den Schutz, die Förderung und die Beteiligung von Kindern. Wir werden jede politische Maßnahme und jedes Gesetz daraufhin überprüfen, ob sie mit den international vereinbarten Kinderrechten im Einklang stehen.]
Adoption: Wir wollen das Adoptionsverfahren weiterentwickeln, das Adoptionsvermittlungsgesetz modernisieren und die Strukturen der Adoptionsvermittlung stärken.
Das Kindeswohl muss dabei immer im Vordergrund stehen. Wir wollen die Möglichkeiten zur Adoption vereinfachen und die Begleitung und nachgehende Betreuung der Adoptiveltern verbessern. Wir werden uns dafür einsetzen, dass im Adoptionsrecht die höhere Lebenserwartung der Menschen und die Tendenz zur späteren Familiengründung berücksichtigt werden und wollen, dass bei Stiefkindadoptionen das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern im Einvernehmen erhalten bleiben kann. Zudem werden wir kurzfristig die Sukzessivadoption für eingetragene Lebenspartnerschaften gesetzlich regeln. [SPD: Lebenspartnerschaften werden bei Adoptionen Ehepaaren gleichgestellt.]
Die Leihmutterschaft lehnen wir ab, da sie mit der Würde des Menschen unvereinbar ist. Wir werden das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft bei Samenspenden gesetzlich regeln.


08
Nov 13

Eine gefälschte Liebe

Jakob war mit einer Frau zusammen, die es so nicht gibt. Für das SZ Magazin habe ich die Geschichte erzählt. Und obwohl ich mich bemüht habe, zu erklären, wie das geschehen konnte, wie es ihm gelang, auf sie hereinzufallen, was sie dazu trieb, die Geschichte immer weiter zu spinnen, ist es spannend, hier etwas mehr ins Detail zu gehen.
Die erste Frage ist natürlich, warum die beiden nicht etwa einfach geskypet haben. Da behalf sich Louisa meist schlicht mit Ausreden. Kamera kaputt, zu müde, sieht gerade nicht so gut aus, sie versteht das neue Gerät noch nicht.

Beim Lesen der Messages, die die beiden sich geschrieben haben, gibt es immer wieder Stellen, an denen man denkt: Jetzt muss Jakob es doch merken. Etwa als Louisa ihm erzählt, sie käme mit ihrem neuen iPad noch nicht zurecht, das alte sei in New York fünf Stockwerke heruntergefallen, deshalb habe sie es umtauschen müssen.

ist mir in ny aus der hand gerutscht und etwa 5 stockwerke durch treppenhaus gerauscht….
ich hörte immer klong, kong, klong… hahahaha

Wie zum Teufel soll ein Gerät auf die Weise fallen?

Jakob, der sich mit allem, was mit Technik zu tun hat, gut auskennt, weiß darüber hinaus sogar, dass Apple keine auf diese Art beschädigten Geräte umtauscht. „Das geht nicht sowas und ging noch nie!“, schreibt er.

Worauf sie antwortet:

und wie erklärst du dann, dass ich jetzt ein neues habe, nichts bezahlt habe und statt schwarz weiß?
also, eingeschweißt war das nicht, sondern irgendein überholtes… aber optisch halt neu warum sollte ich dir denn jetzt quatsch erzählen?

Tja. Warum sollte sie so einen Quatsch erzählen? Ich denke, dass diese Frage im Text hinreichend beantwortet wird. Was man gedruckt gar nicht recht darstellen kann, ist der ungeheure Aufwand, den die Fakerin betrieben hat. Sie stellte sich Jakob als äußerst generös dar, weshalb sie eine Charity erfand. Sie sagte aber nicht einfach “Übrigens, ich habe eine Charity, aber lass mich darüber nicht zu viele Worte verlieren. Sie schrieb beispielsweise diese Mail, in der sie die Gründungsgeschichte ihrer Charity erzählte.

Weihnachts-Charity

Alles fing an einem waaaaahnsinig langweiligen, trostlosen Tag in London an.
Samstag, 6. Dezember 2008.
Nikolaustag!
Kurz vor die Wohnungstür geschaut… Ok, der kleine Bruder hat vergessen meinen Stiefel mit Leckereien zu bestücken, von einem kleinen Geschenk sprechen wir mal lieber gar nicht. Ich könnte schwören, Mami hat ihm noch ‘ne Sms geschickt. Wieso bin ich gestern Nacht noch einmal um den Hyde Park gefahren, um ihm ein Geschenk vor die Tür zu stellen?! Ok, bei ihm stand kein Schuh… Trotzdem bin ich wohl die große, brave Schwester.

Ein Blick aus dem Fenster. Schöne weiße Stadtvillen, wohin man sieht… Es hilft nicht, um mich zu erheitern. Nebel… Hier und da etwas Schneematsch am Straßenrand. Dunkle Bäume… unheimlich. Überhaupt ist alles düster. Es ist 10 Uhr und es sieht schon wieder aus wie 18 Uhr. Total trostlos!

Shoppen? Fällt aus, ich hab alles!

Anja anrufen! Werde angemault, es wäre bei ihr 5 Uhr morgens! Okok… Hab nicht an die Zeitverschiebung zu NY gedacht. Neige vor Langeweile schon wieder dazu, meine guten Vorsätze für 2009 (wurde im Laufe der Zeit auf 2013 vertagt!) “Ich werde nicht mehr so planlos und chaotisch sein” über Bord zu werfen. Wie gut, dass ich noch ein paar Tage Zeit habe bis 2009, die endlos lange Liste am Kühlschrank auswendig zu lernen!

Sara anrufen. Zürich 11 Uhr!
“Was fällt Dir ein, am Samstag so früh anzurufen?! Ich hatte gestern Weihnachtsfeier!” Tut… Tut… Tut…
Jaja, ist ja gut… Wieder der gleiche Fehler! Nicht nachgedacht…

Hmmm?! Daniel an den vergessenen Nikolaus erinnern? Nö, noch so ein kurzes Gespräch? Kein Bock drauf.
Werde jetzt langsam schlauer und mein Gehirn kommt, nach anfänglichen Startschwierigkeiten am Morgen, auf Trab.

Wahnsinn! Ich kann mit Urlaub einfach nichts anfangen. Bis zum 12. Januar 2009. Zwangsurlaub! Vom Chef angeordnet, weil ich soviel gearbeitet habe. Erst am 20. Dezember geht’s zu Opa in die italienischen Berge. Lange Zeit noch. Was nun? Jetzt schon mal Koffer packen?
(…)
Jeden Tag kennt er bis heute neue Streiche. Allerdings gilt er jetzt nicht mehr als schwer erziehbar. Wir haben uns gegenseitig unsere Liebe erkauft. Ich darf ihn knuddeln, kuscheln und knutschen wann ICH will und er darf bei mir bleiben und seinen Schabernack treiben. Ein Abkommen sozusagen. Er ist ein Goldstück! Mittlerweile kennt er von der Welt fast soviel wie ich, er liebt seine Hundetasche, weil er weiß, dass er dann wieder irgendwo mit mir hinfliegt.

Die frische Luft tut gut. Und während ich den kleinen Racker beobachte, wie er einen Labrador ärgert, frage ich mich:

Was würde ich nur ohne ihn machen?Was wäre aus ihm geworden, wenn ich ihn nicht aus dem Tierheim geholt hätte?
Wäre er immer noch da?
Wäre ein anderer lieber Mensch ins Tierheim gefahren und hätte sich für diesen Frechdachs entschieden?

Habe das Bild noch vor mir, wie er da traurig neben einem leeren Freßnapf im Zwinger saß. Überall Dreck! Ein Loch war dieses Tierheim. Es stank, war dreckig… Total eklig. Erbärmlich. Naja, die haben halt kein Geld, um da…

Kein Geld… Kein Geld?

Gute Idee, ich fahre jetzt zu Papa!
Nein, nicht um um Geld zu betteln. Er kennt sich mit Baukosten aus.
Warte ich noch etwas, bis er in Ruhe gefrühstückt hat? Seine neue Freundin kann mich nicht leiden, vielleicht sollte ich sie milde stimmen, wenn ich da jetzt reinplatze… Ach was, einen Tee wird sie mir ja wohl auch machen können mit ihren 29 Jahren. Ja, richtig! Sagt nichts dazu!
Mehr als Frühstück bekommt die auch nicht hin. Das erste und letzte Dinner bei ihr war grobe Körperverletzung.
Egal, ich fahre jetzt los.

Ich bin nicht willkommen, das spüre ich schon beim Durchfahren des Gartentores. Sie ist noch dünner geworden, ich komme mir fett vor.
Dafür bin ich mit mir im Reinen, während sie chronisch unzufrieden und schlecht gelaunt ist. Also, besser keine Diät für mich!

Statt “Guten Morgen” kommt ein “Kannst Du sowas nicht mit ihm im Büro klären?”

Ich muss kurz überlegen. “Nein, das ist nicht möglich. Ich arbeite nämlich auch, im Gegensatz zu Dir, die es vorzieht das Geld anderer Leute zu verprassen, während ich für meine Birkin Bag hart gearbeitet habe!”
Ja, richtig, genau genommen, es beruht auf Gegenseitigkeit. Wir hassen uns! Herrlich, jetzt ist Ruhe und wir können uns den wichtigen Dingen des Lebens widmen.

Papa ist Feuer und Flamme von meiner Idee!
Ok, um das Tierheim wieder in Schuss zu bringen, benötigen wir etwa 50.000 Britische Pfund, wenn er die Handwerker stellt und einen großen Teil der Arbeitszeit spendet. Außerdem würde er auf seine Kosten einen zusätzlichen neuen Trakt bauen, damit die Tiere nicht mehr so zusammen gepfercht sind. Er machte eine Kostenaufstellung und noch am Abend verschicke ich die ersten E-Mails.

Wer von meinen Freunden hat Geld und davon zuviel? Ich weiß, so schrieb ich es natürlich nicht. Aber ähnlich.

Am Montag bin ich bei der Bank und richte ein neues Konto ein. Meine Spende ist die erste darauf und hoffe, dass sie schnell Zuwachs bekommt.

Am Dienstag ein Blick auf das Konto. Kein Pfund mehr drauf!

Am Mittwoch… Hm! Nix!

Nein, ich werde nicht bei meinen Freunden betteln. Die werden schon irgendwann merken, wie schlecht es sich mit einem harten Herz lebt!

Donnerstag traue ich mich schon nicht mehr nachzuschauen.
Hoffentlich bekomme ich wenigstens ein paar Zinsen.

Nachmittags ein geschäftlicher Termin mit einem meiner Models. Während wir so einen Vertrag ausarbeiten, muss ich plötzlich schmunzeln. “Ok, Anja, ich kenne Dein Bankkonto fast so gut wie meins. Ich ändere den Vertrag nur, wenn Du eine Spende locker machst!”

Seit dem Tag wuchs das Konto. Und wuchs. Und wuchs.

Jetzt hatte ich den Dreh offenbar raus! Traurig hatte ich jedoch im Hinterstübchen, wieviel Geld ich mir erpressen und wieviel Zeit und Arbeit ich investieren mußte, um die Leute wachzurütteln.

Am Freitag, den 19. Dezember 2008, einen Tag vor Abflug in meinen jetzt wohlverdienten Weihnachtsurlaub, schloss ich das Konto und ich konnte die frohe Mitteilung verfassen, dass wir das Geld für die Umbaumaßnahmen des Tierheims locker zusammen hatten.
Es war soviel, dass ich spontan beschloss, das übrige Geld in Massen an Kinderklamotten und Spielzeug zu stecken und diese Sachen ins Kinderheim bringen zu lassen. Außerdem organisierte ich einen Weihnachtsmann, der diese Sachen noch am Heiligabend dort verteilen sollte.

Ich wurde belohnt, mit einer Karte, wo einfach nur in großen Buchstaben DANKE stand und mit unzähligen gemalten Bildern der Kinder und Fotos, wie sie mit glänzenden Augen um den Weihnachtsmann sitzen, der spontan beschloss noch Weihnachtsgeschichten vorzulesen.
Wie sie Geschenke auspacken und die neuen Klamotten anprobieren. So rührend, dass ich ganz schön Pfützchen in den Augen hatte. Da bedarf es keinem Dankes-Schreiben der Kinderheim-Leitung. Das war Dank genug!

Ich verschickte Fotos mit einer Dankes-E-Mail an die edlen Spender und siehe da, ich bekam tatsächlich Antworten, ob wir das im nächsten Jahr wieder machen. Der Damm war gebrochen!

Was am 6. Dezember 2008 im mehr oder weniger privaten Rahmen begann, war im folgenden Jahr schon wesentlich organisierter, wurde zeitlich viel früher in Angriff genommen und weitete sich vom 2. November bis 23. Dezember 2009, von unserer Agentur in London über New York, nach Paris und Mailand aus.

Ich wollte, neben der Spendenaktion, ein Plätzchen Backen veranstalten. Was 2009 noch mit 4 Models und meiner Wenigkeit im Kinderheim stattfand, mußte aus Platzmangel 2010 ausgelagert werden. Aber wohin? Denn mittlerweile findet das Plätzchen Backen in allen Londoner Kinderheimen statt. Außerdem in NY, Paris und Mailand.

Einen herzlichen Dank somit an die Luxushotels Four Seasons Park Lane in London, Fairmont Hotel The Savoy in London (seit 2011), Hotel Mandarin Oriental in New York, Four Seasons George V in Paris und Four Seasons Hotel Milano, wo seit 2010 jährlich am 2. Adventswochenende sämtliche Bankett-Räume und Großküchen zum Plätzchen backen für die 4-8 jährigen kleinen Kinderheim Bewohner gesperrt sind. Mein größter Respekt gilt dem Personal, was mit Engelsgeduld stundenlang zu Hilfe ist und Bleche voller Plätzchen einsammelt und backen läßt. Dafür sorgt, dass die richtigen Plätzchen wieder beim richtigen Kind landen, beim Verzieren unterstützt, die Kekse zum Mitnehmen mit verpackt und und und… Außerdem mein großer Respekt an die Putzkolonne. Wer einmal mit kleinen Kindern Plätzchen gebacken hat, weiß wovon ich rede und wo danach überall Mehl, Teig und Zuckerguss klebt und wo man nach geraumer Zeit immer noch irgendwo kleine bunte Perlen, Pistazien- und Haselnuss-Stückchen, Schokostreusel und Sternchen findet. Ich bin selbst in London immer dabei und spreche von einem Ausnahmezustand, wenn ca. 80 Kinder backen!

Mein nächster Dank geht an die verschiedenen Theater und Musicals, die Sondervorstellungen geben für die 8-17 jährigen Kinder.

Harrods, welches immer ein Schlaraffenland an Kinderklamotten, Spielsachen und leckeren Weihnachtssüßigkeiten zur Verfügung stellt. DANKE, da möchte ich wieder Kind sein!

Puuuh, gar nicht so einfach so einen Text zu schreiben, ohne totaaaaal langweilig zu werden.

Ich versuche mich kürzer zu fassen, muss ja auch alles auf eine Doppelseite einer Zeitschrift passen, inkl. Fotos.

2009 kamen Spenden in Höhe von 321.000 GBP zusammen. Es wurde eine neue Küche im Kinderheim in London gebaut und das Bettenhaus wurde renoviert, außerdem eine Schule in Südafrika unterstützt. Vielleicht sollte ich nicht unerwähnt lassen, dass unsere Spenden 1:1 ohne irgendwelche Abzüge auch wirklich verteilt werden.

2010 stieg unser Konto auf sage und schreibe 972.631 GBP, was mein Chef großzügig auf 1.000.000 GBP aufrundete.

Die Sache begann mir über den Kopf zu wachsen. Wohin mit dem Geld?

Papa konnte ich nicht mehr um Rat fragen. Er starb Anfang 2009 an einem Herzinfarkt. Mami’s Rat aus Zürich war irgendwie nicht so richtig hilfreich. Also Opa fragen, der sich irgendwann mal die Berufsbezeichnung “Geschäftsmann” verpasste. “Kind, Du hast den Verstand Deines Vaters und das Herz Deiner Mutter bekommen. Du wirst das schon richtig entscheiden.” Na, dann ist ja alles gut! Und nun? Nächtelang keinen Schlaf, wer konnte auch ahnen, dass meine Models plötzlich immer spendabler wurden.

Ich wollte das Geld nur für Kinder!!
Hatten meine Eltern, meinem Bruder und mir, nicht schon früh beigebracht, dass es nicht allen Kindern so gut geht wie uns?

Ich verteilte das Geld an 3 große Organisationen für Kinder, Kranke Kinder und die Forschung.

Der größte Fehler meines Lebens! Ja, auch das muss man lernen, sich mal einzugestehen. Denn ich hörte nichts! NICHTS!!! Außer einem Kontoauszug, wo besagte 3 Beträge abgingen und 3 Spendenbescheinigungen, die mich einen Dreck interessierten, hatte ich NICHTS!!

Ach, falsch, im November 2011 erhielt ich 3 Schreiben, wie es denn mit einer erneuten Spende aussehen würde.

Auf keinen Fall! Ich sehe ein, dass man jeden Penny in eine Forschung von schweren Krankheiten stecken sollte, aber hier hätte ich zumindest ein DANKE erwartet.

Das Ende 2011 kam in großen Schritten auf mich zu und diesmal überlegte ich mir vorher schon eventuelle Empfänger unserer Spenden. Man wird ja schlauer mit der Zeit. Sollte der Betrag auf meinem Konto dieses Jahr kleiner ausfallen, müßte man halt später Prioritäten setzen.

Allerdings ahnte ich schon, anhand der Anfragen auf den Fashion Weeks im Herbst, dass dieses Jahr alles übertreffen würde. Es hatte sich zu diversen Designern und Models anderer Agenturen herumgesprochen.

15.000.000 US Dollar!!!

Wir haben uns vorbehalten, diesen Betrag auf unserem Konto zu belassen. Für mich! (Kleiner Scherz!)
Nein, neben den Londoner Kinderheimen und dem Kinderkrankenhaus, die immer großzügige Spenden erhalten und die mir persönlich besonders am Herz liegen, haben wir uns bei verschiedenen Institutionen erkundigt, was für welchen Betrag gemacht werden kann/muss und hinterher Rechnungen beglichen. Ein großer Aufwand, jedoch sehr effektiv und unser 1:1 Prinzip trat wieder in Kraft.
Der größte Betrag ging jedoch an das Hadassah Medical Center in Jerusalem, eines der besten Forschungs- und Lehrkrankenhäuser der Welt. Meine Cousine Sara wird dort 2013 im Rahmen ihres Medizinstudiums ein halbjährliches Praktikum absolvieren. Dies sage ich jetzt mal so, damit man mir nicht wieder vorwerfen möge, ich hätte ihr das Praktikum erkauft.

Kommen wir zu 2012!!

Aus gesundheitlichen und privaten Gründen, mußte ich mich dieses Jahr leider aus dem Trubel etwas zurückziehen. Ich habe das Zepter bereits Mitte November an meine besten Freundinnen Anja, Camilla und Elisa übergeben. Ich denke, ich habe mich da richtig entschieden und in Anbetracht des Kontos, auf das ich soeben einen Blick werfen konnte, gibt der Erfolg mir recht! Ich muss sagen, ihr macht das noch besser als ich! Den heutigen Stand verrate ich euch nicht, aber es ist: DER ABSOLUTE WAHNSINN!!!!

ICH BIN STOLZ AUF EUCH!!!

Eure Loui

P.S. Sehr gern hätte ich alle Spender hier aufgeführt, aber dafür müßte eine bekannte Zeitschrift wohl noch eine 3. Seite sponsern….

Wer würde sich so etwas ausdenken?

Die Fälschung war alles andere als perfekt. Bilder von verschiedenen Frauen, das ganze Profil wirkte seltsam steril. Als ich es das erste Mal sah, dachte ich für einen Moment, Jakob hätte seine neue Freundin erfunden. Was Louisa aber perfekt beherrschte, das war das Umschalten von devot zu aggressiv. Mal redete sie ihm nach dem Mund, dann, beim kleinsten Anzeichen von Skepsis auf seiner Seite, wurde sie schneidend und brutal.
Pickup Artists lernen das in Kursen. Manche Leute lernen es in ihrer Kindheit. Es ist tatsächlich eine tieftraurige Geschichte. Jakob hat sie an einer Stelle fast das Leben gekostet*. Und die Frau hinter Louisa hat wohl schon lange keins mehr.

*Als Louisa ihn Weihnachten hängen ließ, war er so verzweifelt, dass er kurz darüber nachgedacht hat, Pillen zu schlucken, ich will das gar nciht dramatisieren, es war ein Moment.


07
Nov 13

Aufhören!

Vor etwa fünf Monaten habe ich mit dem Rauchen aufgehört. Ich lag im Bett mit schwerem Schnupfen und ebenso schweren Gliedern, ich konnte sowieso nicht rauchen, also ergriff ich die Gelegenheit: Ich ließ es einfach bleiben. Ich hörte nicht so sehr auf wegen Lungenkrebs. Ob ich mit 75 an Krebs sterbe oder ein paar Jahre später an Alzheimer, das treibt mich nicht um, beides hat seine unschönen Seiten. Ich hörte auf, weil ich nicht mehr schmeckte, was ich aß. Und man kann ja nun sein Leben nicht in den Dienst der Lebensfreude stellen, wenn man nicht in der Lage ist, Mousse au Chocolat von Hackepeter zu unterscheiden.

Was den Schwierigkeitsgrad des Aufhörens angeht, gilt der Nikotinentzug als der Gewaltmarsch unter den Entzügen. Auf dieser Entzugsskala ist das Aufhören mit dem Nägelkauen ein Spaziergang an einem lauen Sommerabend, das Aufhören mit dem Heroin ein 5000 Meter-Lauf, das Aufhören mit einem Partner, der Tricks im Bett kann, liegt knapp darüber. Aber außer dem Alkoholentzug, bei dem man sterben kann (der Körper kann durch das Aufhören so in Panik geraten, dass das Herz sich aus Selbstschutz geradezu in die Luft sprengt), ist der Nikotinentzug also die Königsdisziplin des Aufhörens. Was zur Folge hat, dass man sich, wenn es mit dem Aufhören gut läuft, fühlt wie Leonardo diCaprio am Bug der „Titanic“.

Die ersten zwei Wochen lang hatte ich Magenschmerzen. Statt wie Leonardo diCaprio fühlte ich mich wie Ottmar Hitzfeld. Ich war reizbar, launisch und sexuell unentschlossen, ich bekam die Haut eines Pubertierenden und hustete, ich hustete, als hätte ich angefangen mit dem Rauchen. Recherchen bei Google ergaben, dass die Flimmerhärchen, die die Lunge reinigen, durch die Zigaretten abgebrannt worden waren und erst jetzt wieder ihre Arbeit aufnehmen konnten. Ich rotzte also die Ergebnisse von sechzehn Jahren Rauchen Morgen für Morgen in das Waschbecken und fühlte mich nun nicht mehr wie Ottmar Hitzfeld, es ging mir eher wie Saddam Hussein in dem Moment, als der amerikanische Militärarzt seinen Rachen untersuchte.

Überdosis Kekse mit Schokoladenüberzug

Die Erinnerung an Zigaretten fühlte sich an wie eine verlorene Liebe. Ein Stich, eine nicht vergossene Träne, mein innerer Zustand war Rosamunde Pilcher im Endstadium, mir war nach Weinen zumute und nach einer Überdosis Keksen mit Schokoladenüberzug. Doch ich hielt durch. Und mit den Wochen setzte ein Wandel ein, wie ich ihn nicht für möglich gehalten hätte. Zuerst merkte ich, dass ich keine Kopfschmerzen mehr hatte. Ich merkte sogar jetzt erst, wie oft und wie heftig ich vorher Kopfschmerzen gehabt hatte. Die Schmerzen waren zu meinem normalen Kopfgefühl geworden. Und ich schlief besser ein, so gut schlief ich ein, dass ich zum ersten Mal seit meinem zehnten Lebensjahr vor Mitternacht einschlief, ich ruhte auf einmal acht statt fünf Stunden, ich war so frisch und lebendig wie eine Punica-Werbung. Das letzte Mal, als mein Körper solche Veränderungen durchmachte, sind mir Schamhaare gewachsen.

Das Aufhören ist das Schöpfen des kleinen Mannes, dachte ich. Wer wie ich nichts Neues schaffen kann, der erzwingt Wandel eben einfach durch Verzicht. Sollte sich das, was immer meine größte Schwäche gewesen war, als meine größte Stärke erweisen? So lange ich mich erinnern kann, war ich ein Quitter, ein Hinschmeißer: kein Durchhaltevermögen, nur bedingt abwehrbereit. Musikalische Früherziehung: frühzeitig abgebrochen. Blockflötenunterricht: geschmissen. Klavierunterricht: nie über Muzio Clementi hinausgekommen. Um nicht beim Schwimmunterricht in der Schule mitmachen zu müssen, bin ich zum Amtsarzt gegangen mit der Behauptung, eine Chlorallergie zu haben.

Der Amtsarzt wusste genau, was für ein Exemplar er da vor sich hatte, brummte aber bloß: „Aber wähl bitte nicht in der Oberstufe Schwimmen.“ Ich habe es sogar geschafft, mit Mathematik aufzuhören, obwohl der Kurs verpflichtend war, es war in diesem Fall allerdings nur eine innere Kündigung. Dass ich mit dem Jurastudium aufgehört habe, hat schließlich ermöglicht, dass ich Autor geworden bin. Aufhören kann ich richtig gut. Und es hat mir viel Freude gemacht. Gut, ich kann auf Abendveranstaltungen nicht lässig zum Klavier schlendern und Chopin spielen, aber das, was ich an Überredungskunst bei meinen Eltern aufwenden musste, um mit all dem aufhören zu können, war genug Training, um Chopin kompensieren zu können.

Zum ersten Mal seit der Zeit, als im Fernsehen noch „Die Pyramide“ lief, war ich eins mit dem Zeitgeist. Ich hatte Verzicht geübt und wurde reich belohnt. Um noch mehr eins zu werden, fuhr ich mit meiner Freundin an die Ostsee. Natürlich in ein Biohotel mit Sternen, so eine Art Manufaktumkatalog unter den Hotels. Tagsüber fuhren wir Rad, abends brachte uns der Kellner Grüße aus der Küche und erzählte, sein Heilpraktiker habe ihm gegen sein Burnout-Syndrom empfohlen, seine Wut in die Wellen zu schreien. Der Kellner war natürlich eigentlich Sommelier und aß manchmal Sand, um seine Geschmacksnerven zu trainieren, und ich hatte eine neugewonnene Lebenserwartung von etwa 90 Jahren. Ich war eine Prenzlbergmutti, hätte irgendwo Laub gelegen, ich wäre mit meinen Füßen durchgefahren und hätte es fliegen lassen.

Alle so gesund hier

Dann las ich in einem nachhaltigen Strandkorb das neue Buch von Michel Houellebecq. Der schreibt vom „theatralischen Ton, den die Ober in den mit einem Stern ausgezeichneten Restaurants annehmen, um die Zusammensetzung der „Amuse-Bouche“ und sonstiger „Grüße aus der Küche“ anzukündigen“, was die Hauptfigur an „sozialistische Priester“ erinnert, die eine „andächtige Messe“ wünschen. Es sei das „epikureische, friedliche, gepflegte Glück (…), das die westliche Gesellschaft den Angehörigen der Mittelschicht gegen Mitte ihres Lebens bietet“. Houellebecq, der Hund! Ich blätterte hektisch weiter – tatsächlich: Sex spielte keine Rolle mehr im neuen Houellebecq.

Ich schaute mich um: Alle so gesund hier, alle rotbäckig, gut verdienend, sie würden alle noch mindestens 60 Jahre leben, aber es würde sich anfühlen wie 600 Jahre. Maß halten! Ich war in der Hölle, betrieben mit Solarenergie. Alle hier hatten mit allem aufgehört, mit dem Rauchen, mit der Völlerei, mit dem Ehebruch, mit der lauten Musik, etwas Fleisch noch, ok, aber morgen nur Soja, Wein bloß ein Schluck. Und in der Nacht würden wir alle am Meer stehen und in die Wellen unsere Wut hineinschreien.

Das gute Brot, die gute Luft, das schöne Radfahren und unsere Rockstars sind „Wir sind Helden“. Der nächste Schritt ist unweigerlich die Askese. Auf Wiedersehen „The Bird“, wo ich den besten Burger der Stadt esse, das Rindfleisch so roh, dass die Hufe noch dranhängen, auf Wiedersehen Kater, der mich früher daran erinnerte, dass ich in der Nacht zuvor etwas richtig gemacht hatte, auf Wiedersehen Übertreibung, Ausschweifung. Nur noch eine ferne Erinnerung der heilende Moment, in dem man sich selber nicht mehr im Spiegel sehen kann. Jetzt sind alle im Reinen mit sich, das kann nicht gut gehen.

Wohin es führen kann, wenn eine Gesellschaft mit allem aufhört, was sie rücksichtslos, fordernd, laut und unappetitlich sein lässt, kann man bei den alten Römern studieren. Die hörten auf mit ihren Orgien, mit ihrer Sklavenhalterei, mit ihren Straßenstrichen und ihren Bordellen, in denen man sich vom Blutrausch der Arena erholen konnte, sie hörten auf, die größten Arschlöcher der damals bekannten Welt zu sein – und wurden Christen. Eine neue Welt erblühte, eine Welt der Nächstenliebe und Barmherzigkeit, eine Welt der guten Werke, in der man den Armen die Füße wusch und in der Sklaven Päpste wurden, eine Welt, in der man ganz nah bei Gott war. Und weit davon entfernt, fließend Wasser zu haben.

Gutmenschen, Schlechtmenschen

Ja, seltsamerweise ging mit dem ganzen Schindluder, den die alten Römer getrieben hatten, auch die komplette Zivilisation den Bach runter. Die christlichen Glaubenskrieger waren zwar gut in Fundamentalismus, aber schlecht in Straßenbau, Architektur, Kunst, Schifffahrt, Hygiene, Geburtenkontrolle (na: da erst recht), sie konnten nicht dichten, nicht denken und eine Ars Amandi hat auch keiner von ihnen geschrieben. Sie hatten aufgehört. Mit allem. Die Christen waren im Grunde das, was man heute den Grünen vorwirft. Gutmenschen, die einen Tugendstaat errichteten, in dem insgesamt weniger los war als in Wuppertals Fußgängerzone an einem Mittwochabend um 21 Uhr. Nun lässt sich mit lauter Schlechtmenschen jedoch kein Staat machen und Gladiatorenspiele machen auch bloß Spaß, wenn die handelnden Akteure keine Familienmitglieder sind.

Der österreichische Kulturphilosoph Robert Pfaller schreibt in seinem neuen Buch „Wofür es sich zu leben lohnt“: „Ein Leben, welches das Leben nicht riskieren will, beginnt unweigerlich dem Tod zu gleichen“. Ich bat ihn, mir die Lage der Dinge zu erklären und er sagte, die heutigen Tugendwächter seien tatsächlich Christen, allerdings ohne es zu wissen. Dies habe mit den 1968 entstandenen Bewegungen zu tun, die alle auf ihre Art christlich gewesen seien. Da das Christentum eine „zutiefst ichbezogene, narzisstische Formierungskraft der Psyche“ sei, könne die Verinnerlichungsbewegung so massiv sein, dass sie sich selbst nicht mehr als religiöse Bewegung wahrnehme. Deshalb gebe es Christentum, das von sich selbst nicht wisse. Gibt es also eine kryptochristliche Erweckungsbewegung? Hoffen wir alle auf Wiedergeburt auf einem saubereren Planeten?

„Schöne neue Welt“

Während in „Schöne neue Welt“ sehr akkurat unsere Zivilisation beschrieben ist, wie sie sein wird, wenn wir weitermachen wie bisher, zeigt der 1993 entstandene Film „Demolition Man“ unsere Gesellschaft, wie sie sein könnte, wenn wir aufhörten. Nach Meinung des Internationalen Filmlexikons fehlt es dem Film an „einer halbwegs plausiblen Zukunftsvision“. Eine Kritik, die belegt, dass man beim Internationalen Filmlexikon noch nie von Jonathan Safran Foer, Tipper Gore oder auch von Tippers Mann Al gehört hat.

„Demolition Man“ zeigt eine Zukunft, in der vegetarisch gespeist wird, in der man nicht flucht und in der man dem Klima Wollsöckchen strickt, weil man es so gern hat. (Sex, das nur nebenbei, wird auch recht keusch und berührungslos praktiziert.) Jonathan Foer dürften Sie noch kennen von Ihrem letzten Versuch, keine Tiere mehr zu essen, er lebt ganz gut davon, genau das zu tun und darüber zu schreiben, der Verzicht auf Fleisch als Weg zum Wohlfühlen. Tipper Gore ist für die „Parental Advisory“-Aufkleber auf CDs verantwortlich, da sie die Familienwerte durch Rockmusik gefährdet sah. Und schließlich Al Gore: Der macht uns allen, indem er um die Welt fliegt, deutlich, dass wir durch das Fliegen das Klima beschädigen.

Er ist wie Superman, bloß ohne Privatleben, er ist unermüdlich im Einsatz für Thermometerstabilität und man möchte sich die sarkastischen Finger abhacken für jeden dieser Sätze: Denn schließlich sind wir es ja nicht mit unseren Gefrierkühltruhen und Erfrischungsgetränken, die unter dem Klimawandel am meisten leiden werden, sondern die Ärmsten der Armen. „Wenn ich fertig mit dir bin, sieht dein Loch aus wie Kotelett“, ist ein Auszug aus „Pimplegionär“ von Kool Savas, und ein Satz, den man nicht unbedingt auf dem iPod der achtjährigen Tochter hören möchte, und Tiere, ja mein Gott, die will doch kein Mensch ernsthaft in Transporten durch ganz Europa sehen, in denen ihnen bei lebendigem Leib die Knochen brechen, in denen sie halb wahnsinnig vor Durst dem Verrecken entgegenfiebern. Man will doch ein Huhn als Mitgeschöpf erleben, nicht als Chicken Wing mit süß-saurer Soße.

Die Erde pfeift auf Wälder

Foer und die Gores haben Recht. Man muss mit all dem aufhören, ich gebe bloß zu bedenken: Die Rouladen meiner Mutter, Jay-Z und Fahrten ins Grüne. Foer und die Gores haben Recht. Und sie sind die Pest. Ich fragte Robert Pfaller, wie ich mit meinem persönlichen Dilemma umgehen sollte: Wenn das Aufhören die Wangen doch so rosig macht, aber es mir gleichzeitig hochkommt, wenn ich noch eine einzige PETA-Anzeige sehe. „Nun, wenn es irgendjemandem besser geht, wenn er kein Fleisch isst, dann ist das ja völlig in Ordnung – dann soll er eben ruhig keines essen. Sich dabei aber auch noch einzubilden, dass man dadurch die Welt rettet, finde ich etwas vermessen.“

Was noch schlimmer ist als die andächtigen Aufhörer von meiner Art, sind die moralischen Unternehmer. Das sind die Leute, die professionell anderen Verhaltensnormen auferlegen wollen. Besessene Bekehrer. Zu den wenigen Tätigkeiten, die mehr Vergnügen bereiten als aufhören, gehört eben, andere zum Aufhören zu bewegen. Europa war einmal von Urwäldern bedeckt, die man nach und nach zu Häusern, Schiffen und Brennholz machte. Versuchen die Südamerikaner einen Zivilisationssprung, heißt es: Hört auf, die Lunge der Erde zu zerstören! Die Erde atmet entweder längst nur noch mit einem Lungenflügel, weil wir Europäer den anderen schon vor langem platt gemacht haben, oder die Erde pfeift auf Wälder – ich bin kein Wissenschaftler, nicht einmal besonders häufig im Wald –, aber die meisten Regenwaldretter haben eben auch keine Ahnung. Dafür ein astreines Gewissen. Und was macht man, wenn man ein gutes Gewissen hat? Man verbietet.

Und zwar alles, was sich bei drei noch nicht an einen Baum gebunden hat: Jugendliche dürfen nicht mehr auf die Sonnenbank, versteckte Fette müssen immer einen Personalausweis dabei haben und rauchen darf man in der Öffentlichkeit nur noch, wenn man mal Bundeskanzler war. Der normale deutsche Ordnungsamts-Irrsinn paart sich mit der Prüderie der amerikanischen Internetunternehmen (Apple und Youtube verbieten rigoros Abbildungen von Brustwarzen) und einem Zeitgeist, der merkwürdig geistlos alles als anstößig empfindet, was nicht von der Zeitschrift Ökotest oder Alice Schwarzer als unbedenklich empfohlen wird.

Steuern und Strafen für Dicksein

Rüdiger Suchsland schreibt auf heise.de, wir lebten „längst in einem moralischen Mullah-Regime der feministischen Taliban, die bald Kleidungs- und Gucknormen errichten werden.“ Und Claudius Seidl fügt in der FAZ hinzu, man habe sich ja „schon vom Rauchen und dem Trinken verabschiedet – und dass demnächst die Prostitution und die Pornographie dran sind, ist da nur konsequent.“

Als ich mich bei Robert Pfaller erkundigte, welche der kleinen Alltagssünden wohl als nächste verdrängt werden würden, antwortete er: „Es sind ja jetzt schon mehrere gleichzeitig: Jeglicher außereheliche Sex wird in die Nähe der Vergewaltigung gerückt, die Alkohollimits für Autofahrer werden ohne Grund heruntergesetzt, an Steuern und Strafen für Dicksein wird gearbeitet, ohne Extremsportart kommt man bei bestimmten Bewerbungsgesprächen nicht mehr weiter.“

Man denke nur daran, dass die Affäre des kalifornischen Gouverneurs Schwarzenegger mit seiner Haushälterin oft in einem Atemzug mit der Verhaftung Dominique Strauss-Kahns genannt wurde – in den Köpfen mancher Journalisten scheint Ehebruch tatsächlich ein Verbrechen zu sein. Peter Praschl schrieb im SZ-Magazin: „Man kann keinem Mann über den Weg trauen, keinem einzigen, möglicherweise steckt in ihm der Teufel, man sieht es ihm nicht an.“ Er stellte dort den Fußballer Franck Ribéry, der eine Prostituierte, die erst 17 war, aber – wie sie selbst beteuerte – über ihr Alter gelogen hatte, gebucht hatte, in eine Reihe mit Jörg Kachelmann, den er leichter Hand einfach mal vorverurteilte. Wie wir heute wissen, zu Unrecht. Pfaller sieht nicht die direkten Verbote als die größte Gefahr, sondern den „durch mangelnde Geselligkeit und durch Zerstörung öffentlicher Räume bedingten Verlust der Genussfähigkeit: Man wird uns gar nicht alles verbieten müssen, da wir, unfähig geworden, das meiste von selbst spontan als eklig, politisch fragwürdig, anstößig, unmoralisch und ungesund empfinden und ablehnen werden.“

Abbildungen der Realität

Die Journalistin Iris Radisch ließ jüngst zum zweiten Mal in der Zeit ihrer Abscheu über Pornographie freien Lauf (nachdem sie gerade erst ein paar Monate zuvor ein glühendes Plädoyer für den Vegetarismus gehalten hatte, in dem sie die Frage stellte – und natürlich verneinte – ob wir überhaupt Tiere essen dürften). Radisch sieht es als gegeben an, dass unter Schulkindern Gangbang-Videos verbreitet sind, wobei sie Gangbang mit „Massenvergewaltigung einer Frau“ übersetzt. Nun versteht man jedoch unter Gangbang etwas völlig anderes, nämlich Gruppensex, oder, wie Wikipedia es ausdrückt: Rudelbums. Ausgehend von ihrer Falschübersetzung kommt sie zu dem Schluss: „Schulkinder imitieren ,Gangbang‘-Vergewaltigungen.“ Wer eh Recht hat, der muss sich um die Wirklichkeit nicht mehr kümmern. Und: Wie imitiert man eigentlich eine Massenvergewaltigung? Spielt einer mehrere Rollen oder lassen alle die Hosen an?

Gegen mich, Liebeskolumnist und Ex-Zivi, ermittelte im vergangenen Jahr zwei Mal das Landeskriminalamt Berlin. Wegen Gewaltverherrlichung und Beschimpfung religiöser Bekenntnisse. Ich hatte in meinem Blog das Video einer Hexenverbrennung in Kenia gepostet und das Bild eines Kruzifixes, auf dem Jesus Christus mit phallusartigen Bauchmuskeln im Stil des Kreuzes von San Damiano dargestellt war. Beides waren nur Abbildungen der Realität, aber von der Wirklichkeit mag mancher sich eben einfach nicht mehr belästigen lassen.

Nun mögen die Leser dieser Zeitung meinen, die Herren Dichter und Denker würden wohl übertreiben und außerdem seien diese Sachen, Fleischkonsum, Rauchen und Porno, also, ja auch alle schlecht. Aber eine echte Verbotskultur macht ja nicht einfach so Halt bei den irgendwie noch nachvollziehbaren Sachen. Am Ende möchte eben jeder etwas verbieten, es gibt ja nicht nur Christen, sondern auch eine Menge Muslime, und schließlich darf niemand mehr irgendwas, was dem anderen hinter dessen geistigen Jägerzaun nicht in den Kram passt.

Das Böse wird aus der Welt herausgehalten

Was in Sachen Verbotskultur beispielsweise in den Köpfen junger Migranten rumspukt, ist zur Zeit sehr hübsch auf der Facebookseite des auch in Deutschland recht erfolgreichen österreichischen Rappers Nazar zu sehen. Der aus dem Iran stammende Musiker entschuldigt sich dort bei „seinen muslimischen Brüdern und Schwestern“ für eine Zeile aus dem Stück „Kein Morgen“. Es geht dort darum, dass Nazar tätowiert ist. Und das ist, so erklären die jungen Korankundler, die ihn zu Hunderten wütend angreifen, mit wachsender Ungeduld, verboten, weil man den Körper so zurückgeben muss, wie man ihn bekommen hat. Nazar selbst ist auch ein Anhänger von Verboten, er postet zusammen mit einigen zustimmenden Sätzen ein Video, in dem ein junger Politiker der SPÖ, also der Sozialdemokratischen Partei Österreichs, das Verbot des kleinen Glücksspiels fordert. Das kleine Glücksspiel, das sind die Spielautomaten, und weil die die kleinen Leute ruinieren, soll man sie verbieten. Denn, so die schlagende Logik des jungen Mannes, wenn es sie nicht gäbe, hätte niemand ein Bedürfnis nach Glücksspiel. Das Böse wird aus der Welt herausgehalten durch Verbotsschilder, so denkt man sich das heute. Das hat zwar nicht einmal bei Adam und Eva geklappt, aber warum sollte man es nicht immer wieder versuchen?

Dass das Bedürfnis nach Rausch nur in der Welt sei wegen der Verfügbarkeit von Rauschmitteln, ist ein frommer Unsinn, der im Grunde nur an der Realität scheitert. Die Inuit, die in Ermangelung von Pflanzen Schwierigkeiten haben, an Rauschdrogen zu gelangen, essen tagelang nichts und schlafen wenig, um so ein kleines bisschen high zu werden. In Sibirien tauschte man ausgewachsene Rentiere gegen einen kümmerlichen Fliegenpilz und weil der Pilz gar so teuer war, trank man seinen eigenen Urin, um nochmal was von dem Rauschmittel zu haben.

Mit Stress klarkommen

Der Mensch mag ein wenig Exzess, nur wenn er langsam ältlich wird und finanziell ausgesorgt hat, dann wird er wie Harald Schmidt und interessiert sich bloß noch für seine Verdauung. John Lennon nannte „Rubber Soul“ das Cannabis-Album der Beatles, „Revolver“ das LSD-Album. Lady Gaga dagegen nimmt verschreibungspflichtige Medikamente, um mit dem Stress klar zu kommen. Hedonismus ist etwas für Hartz-IV-Empfänger, der Künstler von heute hat zwischen zwei Terminen gerade noch Zeit für biotische Ernährung und einen Arztbesuch. Ob man das an der Musik hört, werden erst spätere Generationen sagen können, ich habe einen Tipp bei meinem Buchmacher hinterlegt.

Wir verhalten uns wie nachdenkliche Arbeitsbienen. Den ganzen Tag schwirren wir umher und sammeln und putzen und halten Instand und schließen Lebensversicherungen ab und halten Termine ein und rufen zurück und buchen Waben und sagen Termine ab und ignorieren unser Handy nicht und nehmen einen Zweitjob an und helfen ehrenamtlich bei „Pollen für drohnenlose Larven e.V.“ und abends, da gönnen wir uns keinen Nektar, wegen der schlanken Linie. Wir sehen im Grunde längst aus wie Wespen.

Für den Einzelnen ist das Aufhören eine wichtige Übung. Wir als Gesellschaft sollten schleunigst aufhören mit dem Aufhören. Denn wie könnte ich stolz auf mich sein, mein Rauchen überwunden zu haben, wenn ich nie hätte anfangen dürfen?


21
Sep 13

Gründungsparteitag der Grünen 1980

“Wir fordern (…) die Legalisierung aller zärtlichen sexuellen Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern!”
(Geraune, verhaltener Applaus)
(…)
“Drittens fordern wir die Abschaffung der Schulpflicht!”
(großes Gelächter)


11
Sep 13

Homosexualität ist Neuland

Es kommt vor, dass homosexuelle Menschen auch für die Wissenschaft ein dunkler Kontinent bleiben. Ich habe von einer Studie gelesen, in der monogam lebende schwule Männer erforscht werden sollten. Aber man fand keine.
Nun kenne ich zufällig ein schwules Paar, das seit zwanzig Jahren zusammenlebt, aber ich habe auch einen weiten Monogamitätsbegriff: Wer ein Paar bleibt, ist monogam, da bin ich sehr klassisch.
Interessant ist ja nicht, wo jemand kommt, sondern wo jemand bleibt.
Dieses Paar also, dieses völlig unhassbare Paar, das möchte keine Kinder adoptieren. Denn das vergisst man in der dann doch wieder sehr bedrückenden Debatte um das Adoptionsrecht homosexueller Paare rasch: Adoption ist eine riesige Herausforderung. Es ist wie “Drei Männer und ein Baby”, nur ist das Baby vielleicht vier Jahre alt und verhaltensauffällig, sieht auch nach genauestem Hinschauen kein Stück aus wie eines der Elternteile, und selbst wenn man heterosexuell ist wie die Fußballbundesliga der Herren, ist die Erschaffung einer Familie ohne genetische Verwandtschaft ein Kunststück.
Aber sie gelingt, Menschen sind adaptionsfähig. Und machen wir uns nichts vor: Katzen sind mit uns auch nicht so irre verwandt.
Kommen wir zurück zum Neuland Homosexualität: Wir wissen nicht, wie homosexuelle Menschen sich fortpflanzen. Wir wissen nicht, wie ihr Paarverhalten ist. Wir beginnen zu begreifen, dass wir sie irgendwann mitmeinen müssen, wenn wir “Wir” sagen, denn vielleicht, also vermutlich, also doch ganz bestimmt, teilen sie unsere Werte.
So sagt es sogar die Kanzlerin.
Aber Kinder adoptieren, das dürfen nur Heteros.
Auch denen wird es nicht leicht gemacht, obwohl sie im Grunde auch ziemliches Neuland sind. Dass die heterosexuelle Frau masturbiert, weiß man erst seit einer Generation, warum sie einen Orgasmus hat, da ist man nicht so sicher. Es ist Mehrheitsmeinung, dass heterosexuelle Männer mehr Sex haben als heterosexuelle Frauen, aber es bleibt ein Rätsel, mit wem sie diesen Sex haben. Man geht mittlerweile davon aus, dass 50% einander fremdgehen, aber da man nie weiß, welche 50%, kann man daraus eine ganze Film- und Musikindustrie, die sich um sexuelle Treue dreht, machen und sogar noch zwei, drei Religionen fallen ab.
Kinder haben übrigens immer seltener genetisch etwas gemeinsam mit dem Mann, mit dem sie als Vater zusammenleben, aber das nur nebenbei.
Bei Heteros heißt das Patchwork.
Kommt das mal bei Homosexuellen vor, dann heißt das Regenbogenfamilie, zumindest in liberalen Magazinen.
Wenn aber ein Paar nun zusammen ein Kind haben möchte, auf diese komplizierte Weise, wenn es sich für diesen denkbar steinigen Weg entscheidet, dann müsste man schon sehr gute Gründe haben, ihm das zu verweigern.
Schließlich erweisen sich Tag für Tag Swinger und Fremdgeher und Freier und Pornogucker als hervorragende Eltern.
Ihr kennt die Pointe: Kanzlerin Merkel braucht gar keine Argumente. Sie verweist auf das Kindeswohl, aber es geht um das Wählerwohl.
Sie zu wählen ist Kreuzchen gewordenes Ressentiment.

Mit der Liebe ist es wie mit Gott: Man kann nicht ein wenig an sie glauben.


02
Sep 13

kleines-scheusal.de war das Projekt einer PR-Agentur

Die mit dem Grimmepreis ausgezeichnete Jasna Strick hat auf der Open Mind-Konferenz in Kassel einen Vortrag über Hate Speech gehalten.
Im Rahmen dieses Vortrags wurden Tweets gezeigt, die Beschimpfungen und Drohungen enthielten. Einer dieses Tweets stammte vom Account @ochdomino. Die dort Twitternde, eine junge Frau, betrieb zudem ein Blog namens kleines-scheusal.de. @ochdomino wurde nach dem Vortrag Stricks (angeblich) ebenfalls bedroht.
Innerhalb der Piratenpartei wurde sehr kontrovers diskutiert, ob der Vortrag weiterhin im Netz bleiben könne.
kleines-scheusal.de ging offline, der Vortrag tauchte auf Youtube wieder auf, die Geschichte wurde gedeutet als Beleg dafür, dass Feministinnen und Piraten die wahren Hater seien.
Diese Umdeutung fand von maskulistischer Seite statt, fand aber auch Gehör in den Reihen derjenigen Piraten, denen ihre Partei zu sehr von feminstischem Gedankengut geprägt worden ist. In etwa also die Frontlinien der alten Postgender-Debatte.
kleines-scheusal wiederum war innerhalb weniger Monate zu einer Galionsfigur des deutschen Maskulismus geworden. Endlich zog der Vorwurf nicht mehr, Kritik am Feminismus käme nur von privilegierten weißen Männern, Geschlechterkriegsverlierern und Zuvielunterhaltszahlern. Hier war eine junge Frau, die sich auf zahlreichen Fotos auffallend in Szene setzte, gläubige Jüdin.
Glaubwürdiger konnte man den Antifeminismus kaum vertreten.
Tatsächlich existiert die junge Frau hinter kleines-scheusal.de nicht.
Die Bilder zeigen ein polnisches Model, die Texte stammen aus einer PR-Agentur.
Nachdem ich am Samstag auf Twitter darauf hingewiesen hatte, dass die Bilder ein polnisches Model zeigen, wurde ich als feministischer Verschwörungstheoretiker bezeichnet.
Zahlreiche Twitterer legten ihre Hand für die Echtheit @ochdominos ins Feuer. Sie hätten mit ihr geredet, niemand betreibe so einen Aufwand.
Nun habe ich mich für einen Text, der demnächst im SZ Magazin erscheint, sehr ausführlich mit Fakes beschäftigt.
Genau diese beiden Reaktionen sind dabei typisch: Man glaubt zum einen, man würde jemanden kennen, weil man mit ihm chattet. Zum anderen glaubt man, niemand betreibe so einen Aufwand.
Das mag naiv sein, aber es ist nachvollziehbar. Ich habe großartige Menschen auf Fakes hereinfallen sehen.
Die Motive für den großen Aufwand wurden mir heute per Mail von dem Betreiber des Blogs kleines-scheusal.de offenbart.
Es handelte sich demnach um ein PR-Projekt.
Da zumindest das Model wirklich unschuldig ist an der Geschichte, bitte ich darum, ihren Namen nicht weiter zu verbreiten.
Und wenn auch der Betreiber mit dieser Nummer (gerade mit dem vorgeblichen Judentum) nicht mehr zu meinen Lieblingsmenschen werden wird, werde ich ihn ebenfalls hier nicht outen.
Er schließt seine Mail folgendermaßen: “Es ist niemand zu Schaden gekommen; wenn man von dem verletzten Selbstwertgefühl der “Masku-Ecke” absieht, die sehr leichtgläubig auf eine Autorin hereingefallen ist, die ihnen absichtlich “nach dem Mund” geschrieben hat.”
Ich werde mir jedenfalls ein paar Tweets vom Wochenende ausdrucken, nachhäkeln und übers Bett hängen. Es war wie immer sehr lustig mit euch Trollen.

NACHTRAG:
Ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, dass nicht die Rede davon sein könne, dass “niemand zu Schaden gekommen” sei. Noch am Wochenende wurde eine Feministin bedrängt, sie müsse den Selbstmord @ochdominos verhindern. Man kann sich vorstellen, was so eine Verantwortung auslöst. Zahllose Hassmails wurden aufgrund der om13-Kontroverse gegen Feministinnen gerichtet. Da wurde also ganz schön gezündelt, um ein paar Klicks zu generieren.

NACHTRAG 2:
Hier also die Mail:

Sehr geehrter Herr Welding,

nun haben Sie mich fast erwischt. Da Ihre öffentlichen Behauptungen trotzdem noch immer weit neben der Wahrheit liegen, möchte ich Ihnen die mühevolle Recherche sparen und den Schleier lüften.

Das “Kleine Scheusal” ist ein Projekt meiner Agentur, in dem es darum ging, einen Blog zu erstellen, der binnen eines Jahres eine möglichst hohe Leserzahl erreicht. Zweck dieses Blogs wäre letztlich der Vertrieb von Illustrationen gewesen; u.A. auch von und mit (…), die sich durch ihre Mitarbeit in unserer Agentur als “Gesicht” dazu bereit erklärte den Blog zu bebildern. Texte, sowie der Twitter Account, wurden von einer anderen Mitarbeiterin geführt. Es sollte der Eindruck entstehen, dass der Blog sich mit kritischen Themen ebenso auseinander setzt, wie den Übergang zu “Fashion und Fotografie”, respektive Illustration. (…) sorgte also “nur” für wirksame Bilder, während meine andere Mitarbeiterin sehr zielgerichtet auf aktuelle Themen einstieg. Mit Erfolg: Im Zuge von Aufschrei und anderen Themen erreichte der Blog bis zu 2000 Visitors täglich; und das ist ganz “ordentlich” für einen “privaten” Blog. Die Authentizität und “Echtheit” des Twitter Accounts war dadurch gegeben, dass meine Mitarbeiterin den Twitter Account, getragen durch den Erfolg, wie einen persönlichen Account handhabte. Wenn dort also stand, sie stünde betrunken an einer Bushaltestelle, dann war das durchaus “echt”. Dies gilt gleichfalls für Emotionen oder Empörung zu verschiedenen Themen.

Die Trennung von Autorin und “Gesicht” fand statt, um beide Personen zu schützen. Der Blog einer “jungen Frau” zieht in der Form Aufmerksamkeiten an sich, die etwas an der Zielgruppe vorbei laufen. Somit war es sehr praktisch, dass (…) in Polen aus dem Schußfeld möglicher Verehrer ist, und gleichfalls die Autorin hier nicht erkannt werden würde.

Der Hype und die Empörung um OM13 war so nicht geplant, da zuviel Aufmerksamkeit das Projekt vorzeitig beenden würde. Sie haben die FB Webseite(n) von (…) relativ leicht gefunden. Das galt es natürlich zu verhindern.

Trotzdem war das plakative Zitieren einer “theoretisch” echten Person auf diesem Vortrag nicht in Ordnung. Ich kenne Ihre Meinung dazu nicht aber wir sind uns hier einig. Gleichfalls verurteilen wir das “Hinterhergraben” und öffentliche Diffamieren einer “theoretischen” Privatperson. Das Kleine-Scheusal ist eine geplatzte PR-Aktion. Die nun stattfindende Verfolgung auf Twitter und das hämische öffentlich-machen immer mehr Details geht jedoch über dieses Maß weit hinaus. Das Gleiche gilt, bitte nehmen Sie das nicht persönlich, für die Art und Weise, wie Sie sich Informationen verschaffen wollten. Da Sie in diesem Moment wohl auch unser “Geschäftsgebahren” verurteilen, sehe ich uns damit als quitt.

Fazit: (…) hat mit dem Blog nichts zu tun. Meine “Familienverhältnisse” und Familienstammbaum ebenso wenig. Gleichfalls ist die namentliche Benennung der Mitarbeiterin für den Sachverhalt unwichtig. Ich trage die alleinige Verantwortung für dieses “Projekt”, da der Auftrag im Rahmen meiner Agentur stattfand. Es ist niemand zu Schaden gekommen; wenn man von dem verletzten Selbstwertgefühl der “Masku-Ecke” absieht, die sehr leichtgläubig auf eine Autorin hereingefallen ist, die ihnen absichtlich “nach dem Mund” geschrieben hat.

Sie können nun also in die Hände klatschen und die Nachricht verbreiten alle wären einem “dumm gelaufenen PR-Projekt” aufgesessen. Ich möchte Sie dennoch bitten, sich weiteren Spekulationen zu enthalten und mir, sofern gewünscht, nur Fragen zu stellen, die dem Sachverhalt dienen und nicht etwa in private Familienverhältnisse schwenken. Denn Privates hat mit Geschäft nichts zu tun; und um Geschäft ging es bei diesem Projekt.


30
Aug 13

Jogi Löw

Jogi Löw ist das Microsoft Word unter den Trainern. Niemand kann mit ihm arbeiten, aber er ist eine Gegebenheit. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate hat er einen Spieler, der durchaus noch wichtig werden könnte für ihn, öffentlich ohne Not bloßgestellt. Erst watschte er den unermüdlichen Marcel Schmelzer ab, dann attestierte er Stefan Kießling, auf höchstem Niveau ginge diesem die Luft aus. Kießling verkündete nun, er werde unter Löw nicht mehr spielen (was weniger ein Rücktritt war als ein Konstatieren der Wirklichkeit), Schmelzer muss sich vorkommen wie ein Arbeitnehmer, dessen Stelle ausgeschrieben ist. Und so spielt er in der Nationalmannschaft auch.
Dass Fußball ein Mannschaftssport ist, gehört zu den gängigsten Tautologien dieses Sports, wird aber selten so deutlich wie bei Spielen der deutschen Nationalmannschaft. Vergleicht man diese mit denen der beiden führenden deutschen Vereine, Bayern München und Borussia Dortmund, kann man kaum glauben, dass hier dieselben Spieler auf dem Platz stehen, verstärkt durch zwei Leistungsträger von Real Madrid.
Bei dem 4:4 gegen Schweden, einer Partie, bei der ein Insolvenzverwalter gut daran getan hätte, abzupfeifen, war nicht etwa eine B-Elf auf dem Platz.
Das war die Aufstellung:
Neuer – Boateng, Mertesacker, Badstuber, Lahm – Kroos, Schweinsteiger – Müller (ab 67. Götze), Özil, Reus (ab 88. Podolski) – Klose

Bis auf Mertesacker und Klose alles Spieler, die acht Monate später das Champions-League-Halbfinale unter sich ausmachen sollten. Sieben Spieler vom Alles-Gewinner Bayern München.
Sieben Spieler, die Teil einer Mannschaft waren, die Barcelona als bestes Team der Welt ablösten, spielten wie der SC Jülich 10, weil Schweden, das in keinem Match der Qualifikation besser war als eine ABBA-Revival-Band, mehr Druck im Mittelfeld machte.
Mehr Druck im Mittelfeld als Barcelona?

Es fehlt dem Spiel der deutschen Nationalmannschaft an einer Holzigkeit, die die beiden Vereinsmannschaften auszeichnet. Und das liegt nicht daran, dass das DFB-Team keinen Martinez hätte oder keinen Subotic. Es liegt daran, dass ihr Verantwortlicher ein Ideologe ist.
Wie wurde Barcelona geschlagen? Durch Kopfbälle.
Wie wurde Deutschland von Spanien 2010 geschlagen? Durch einen Kopfball.
Natürlich: Der Siegtreffer von Dortmund gegen Malaga bestand aus dem Verzicht auf Taktik, auf einer Eingebung, einem Irrsinn. Tut den Langen vorne rein, Hummels bolzt Flanken nach vorn. Das klappt nur einmal von zehn, aber wenn es klappt, dann fühlt sich das an, wie Fußball unter Löw sich niemals anfühlt.
Unter Löw ist die Nationalmannschaft zu einem Bully-Team geworden: Kleine Gegner werden nun 6:1 (niemals zu Null, dafür reicht die Abwehrarbeit nicht einmal gegen Aserbaidschan) geschlagen statt früher 2:1, so dass man Pocher im Grunde ohne Unterbrechung spielen kann.
Aber wenn der Gegner auch mitmachen möchte, wird es unangenehm. Dann kann Schweden schon zu wuchtig sein und die Bullies laufen heulend zu Mama.
Paraguay? Griechenland? Das eine nur ein Testspiel, aber das andere Viertelfinale einer EM. Und Griechenland trifft zwei Mal. Die Mannschaft, so Lahm in diesem Jahr, wusste da schon, dass es gegen Italien so nicht reichen würde.
Und das ist der Grund, warum Löw nicht mehr Trainer sein darf. Die Mannschaft vertraut ihm nicht mehr. Traut ihm nicht, Lösungen zu haben von der Ersatzbank, traut ihm nicht, seine Ideologie in den Hintergrund zu stellen, traut ihm menschlich nicht.
Traut ihm keinen großen Sieg zu.
Schweinsteiger wies darauf hin, dass der Manschaftsgeist nicht gestimmt habe, die Spieler auf der Bank hätten nicht gejubelt. Es heißt, der Mannschaftsgeist komme mit dem Erfolg. Das mag wie eine Henne-Ei-Frage klingen, aber ein positives Sich-Aufschaukeln hat es unter Löw tatsächlich noch nicht gegeben. Und er selbst tötet die Stimmung zuversichtlich ab; woher soll man wissen, dass man selbst nicht der nächste ist, dem der Trainer öffentlich in den Rücken fällt?
Es lohnt sich, die beiden einzigen echten Löw-Erfolgspartien noch einmal anzuschauen.
Das 4:1 gegen England und das 4:0 gegen Argentinien.
Beim 4:1 fiel das 2:2 innerhalb von Minuten, mit einem Schiedsrichter wäre die Partie beinahe sicher gekippt.
Beim 4:0 profitierte das Team von einem frühen 1:0, Glück und Geschick in der Defensive (eine der wenigen Partien, bei der die Konzentration wirklich hoch war) und einem trainerlosen Argentinien.
Das 0:1 gegen Spanien war dann ein getarntes 0:10, seit diesem Spiel glaubt kein einziger deutscher Spieler mehr, jemals etwas zu gewinnen mit Löw, ein Glaube, der mit der EM Wissen wurde.
Löw ist kein guter Trainer, war nie ein guter Trainer und wird vermutlich nie einer sein.
Es fehlt ihm an Intelligenz. Es ist kein Zufall, dass die beiden besten Bundesligatrainer unfallfrei Interviews geben können. Auch Tuchel und Slomka sind kein Anlass, sich zu schämen. Bei Löw nur Floskeln.
Da nennt man Taktik halt Philosophie, das macht aus einem Grummler noch keinen Schopenhauer.
Bevor nun jemand einwendet, unter Löw werde so schön gespielt. Vier Tore zu kassieren von einer Mittelklassemannschaft, das ist kein schönes Spiel.
Unter Löw ist das Team wackelig, das ganze Spiel ist unausgegoren, man hat nie das Gefühl, die Spieler könnten ein Spiel nach Hause bringen.
Natürlich hat ein Nationaltrainer nicht die Möglichkeiten des Trainers einer Spitzenmannschaft. Niemand kann sicher sagen, ob Klopp, Heynckes, Tuchel oder Slomka ihre Erfolge übertragen könnten auf ein Team, dass sie nur alle paar Wochen sehen. Aber man kann sicher sagen, dass Löw nie etwas gewinnen wird.
Und ich würde mich so gerne irren.


08
Aug 13

Ein Vater

Gestern wurde ich im Zimmer, das zum Hof geht, von einem fürchterlichen Streit auf der Straße geweckt. Die Balkontür war offen, also stand ich auf, um sie zu schließen. Schon im Hofzimmer hatte ich nicht nur Gebrüll gehört, sondern einzelne Worte, ich konnte eine Frau ausmachen und einen Mann, jetzt, an der Tür stehend, verstand ich alles.
Ich trat auf den Balkon, um mir die Streitenden anzuschauen.
Sie waren deutlich jünger als ich gedacht hatte, vielleicht Mitte zwanzig. Sie sehr kräftig, nicht unbeweglich fett, eher wie ein Ringer. Schlagbereit sah sie aus.
Er ein dünnes Kerlchen, Baseballkappe, schlabberige Klamotten, aber keine Baggypants, eher einfach: Es gab für einen so dünnen Arsch keine Hosen.
Der Streit bestand im Wesentlichen aus wiederkehrenden Sequenzen, ich versuche, sie alle wiederzugeben.

1. “Immer belügst du mich!”
“Ich habe gestern gelogen, das stimmt, aber seitdem nicht mehr!”
“Na toll, seit beinahe 24 Stunden nicht gelogen!”

2. “Geh doch zu deiner Schlampe Jessi!”
“Ich war nur gestern bei Jessi, aber sonst ist da nichts!”

3. “Immer bist du weg!”
“Ich war nur einmal für 5 Tage nicht da!”

4. “Geh zu deiner schwangeren Schlampe!”
“Die ist nicht schwanger!”

5. “Dein Kind wirst du jedenfalls nicht mehr sehen!”
(Darauf sagte er nichts.)

6. “Geh halt wieder koksen!”
“Ich habe gestern aufgehört!”

Ich war erstaunt, dass er es sich leisten konnte zu koksen. Ich dachte an einen Dealer, den ich in Bonn gekannt hatte, der Freund einer Kommiltonin aus bester Bonner Familie. Der hatte das Speed mit Kopfschmerztabletten gestreckt. “Vom Speed bekommt man Kopfschmerzen, da ist das doch eine saubere Lösung”, hatte er gesagt. Kokain mit Kopfschmerztabletten, danach sah der junge Mann unter meinem Balkon also aus.
Nach zehn Minuten bekam ich das Gefühl, dass sich hier nichts mehr tun würde. Einmal hatte er versucht sie zu umarmen und sie hatte fürchterlich geschrien, aber anonsten brüllten sie nur in gleichbleibender Lautstärke, manchmal fiel er vor ihr auf die Knie und sie gab weiter vor, ihm nicht zu verzeihen.
Theoretisch könne er wohl irgendein Geld bekommen, wenn er die Therapie machen würde, sie glaubte, er habe auch so Zugang zu Geld, nicht alle Details habe ich verstanden.
Ich dachte, wie oft es einfach reicht, die Dinge nicht zu tun, von denen jeder versteht, dass sie nicht funktionieren.
Nicht lügen, nicht mit Jessi, der Schlampe schlafen, nicht koksen, nicht das Kind vernachlässigen, nicht einfach so verschwinden.
Die häufigste Ursache für Arschlochsein ist eine schwierige Kindheit und doch sagen Eltern einem diese Dinge ja meistens.
Wenn man Glück hat, leben sie einem das sogar vor: Nicht koksen, nicht mit Jessi schlafen, all das eben.
Und doch muss man es irgendwann selber merken, dass es nicht funktioniert.
Manchmal macht es Spaß mit Jessi, manchmal ist das Koks wirklich gut, aber immer landet man auf der Straße, auf den Knien, und weckt die Leute.
Die kräftige junge Frau wollte ihn nicht verlassen, der Weg weg von ihm lag offen vor ihr. Sie wollte, dass er kein Arschloch mehr ist. Sie wollte einen Vater für ihr Kind. Einen Moment dachte ich, ob ich nicht etwas sagen soll, so als Liebeskolumnist oder meinetwegen auch Mensch. Ich bin dann schlafen gegangen. Seit bald einem Tag hatte er da schon nicht gelogen. Vielleicht wird ja eine Serie draus.


28
Jul 13

Windelfernsehen

Natürlich bin ich nicht die Zielgruppe eines Dramas mit Ruth Maria Kubitschek. Aber andererseits: Wer ist denn die Zielgruppe? Tote?
Man muss sich gewahr werden, dass in einem großen Land sehr viele Menschen sterben. Da der Fernseher ein Drittel des Tages läuft, ist die Wahrscheinlichkeit recht groß, dass Leute vor dem Fernseher sterben. Dort sitzen sie dann, vergessen von ihren Enkeln, angenagt von ihren Katzen, und schauen Ruth Maria Kubitschek.
Die ARD an einem Freitagabend, sie macht Fernsehen nach der Altenheimregel: Laufenlassen. Es wird gesendet für die, die nicht mehr abschalten können.
Zum Beispiel also mich, der ich am Ende eines langen, heißen Tages dachte: Ich bin jetzt in der Grimmepreis-Jury, schau ich doch mal Fernsehen.
Irgendwann gegen neun Uhr geriet ich dann in “Der Fluss des Lebens”, geschrieben von Ruth Maria Kubitschek, in der Hauptrolle: Ruth Maria Kubitschek.
Ruth Maria Kubitschek war schon vor 30 Jahren genauso alt wie heute, eine Leistung, die ich uneingeschränkt bewundere. Wenn man nun 30 Jahre lang 80 ist, bleiben, vermutlich hat das die Natur so gewollt, Dinge auf der Strecke. Die Fähigkeit, ein Buch zu schreiben. Die Fähigkeit, eine Rolle auszufüllen.
Nach dem ersten Schock, den die mit einer Urlaubskamera gefilmten Bilder auslösten, machte ich mir einen Spaß daraus, mir vorzustellen, Kubitschek sei dement und man filme sie, wie Steve Martin es in Bowfinger mit Eddie Murphy macht, heimlich, um aus dem gesammelten Material einen Film zu produzieren. Ruth Maria Kubitschek nestelt an Pflanzen (ich hoffte an dieser Stelle sehr, sie würde in den Busch fäkalieren), Ruth Maria Kubitschek schaut in die Leere des Raums, Ruth Maria Kubitschek schaut glasig.
Ihre Stimme war synchronisiert, manche mögen einwerfen, sie sei synchronisiert von Kubitschek selbst, ich möchte mir da kein Urteil erlauben. Es machte im Grunde keinen großen Unterschied. Lassen Sie mich kurz eine Szene nachzeichnen, um zu verdeutlichen, warum nicht. Ein Mann, der aussieht wie Peter Gauweiler, hält mit Ruth Maria Kubitschek am Straßenrand. Dort befinden sich ein Kreuz und Kerzen, sowie einige Trümmerreste eines Wagens. “Wie konnte das geschehen?”, fragt Ruth Maria Kubitschek und Peter Gauweiler antwortet, der Fahrer sei immer schnell unterwegs gewesen, vielleicht habe er die Kurve zu spät gesehen, vielleicht habe er es eilig gehabt, vielleicht habe er einem Tier ausweichen müssen. “Vielleicht werden wir es nie erfahren”. sagt Gauweiler. Man möchte ihm zustimmen. Gut möglich, dass man das nie erfahren wird.
Ruth Maria Kubitschek greift nun in die Autoreste. Sie zieht ein Bremslicht hervor, worauf ein Flugzeug sehr tief über die Szene fliegt, ihre Hand sich um das Bremslicht verkrampft und zu bluten beginnt. Die Kamera zoomt auf die blutende Hand und Gauweiler informiert Ruth Maria Kubitschek: “Sie bluten ja.”
Ruth Maria Kubitschek weint nun zum Himmel hoch und schreit “Warum?”, worauf Gauweiler etwas genervt schaut, vielleicht projiziere ich da nur, aber man sieht ihm wirklich an, dass er das gerade schon einmal erklärt hat. Zu schnell, eilig, Mauer, Tier. Bum, man weiß es nicht genau. Tot halt.
Die beiden Toten, Ruth Maria Kubitscheks Tochter und ihr Schwiegersohn, haben zwei Kinder hinterlassen.
Beide spielen vermutlich Dreijährige, die Darsteller sind aber zehn oder zwölf. Der Junge spielt die ganze Zeit an seinem Rüssel rum. Dazu muss man wissen: Die Kinder sind natürlich traumatisiert, da es aber offenbar keine Kinderschauspieler gibt in Deutschland, können die beiden Grinsebacken das nicht spielen. Also haben die beiden, kurz vor der Pubertät, in jeder Szene Stofftiere in der Hand, an denen sie manisch herumdrehen, der Junge einen Elefanten, dessen Rüssel er malträtiert, dass Freud ein Buch darüber geschrieben hätte über Sublimierung ohne Sublimes.
All das: Das Werk von Profis. Da waren echte Kameraleute, echte Caster, echte Caterer, ein echter Regisseur mit beschäftigt. Es gab echte Meetings, in denen real existierende Menschen die Dialoge abgenommen haben, in denen sich Leute gefreut haben, jetzt endlich über die passenden Darsteller zu verfügen.
Der Köder, heißt es, muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Aber ein Angler, der so einen Köder verwendet, der lässt doch selbst längst laufen.


26
Jul 13

Väter gegen Mütter

Ich bin seit knapp sechs Monaten Vater.
Die ersten Wochen mit dem neuen Menschen sind eine Zeit, die vermutlich nur andere Eltern nachvollziehen können. Aufregend, ermüdend, an die Grenzen treibend. Aber schön, wunderschön. Ursprünglich wollte ich die ersten zwei Monate nicht arbeiten und nur bei meiner Frau und dem Baby sein, aber dann kam das kleine Gemeinschaftsprodukt zwei Wochen früher als erwartet, einige Texte waren noch nicht fertig, ich musste also erst einmal weiterarbeiten. Es kamen neue Aufträge, die ich nicht absagen wollte, und auf einmal merkte ich, dass ich Geld viel wichtiger als zuvor fand. Ich war in einem Versorgermodus, ich fing eine Sache nach der anderen an, weil ich auf einmal das Bedürfnis nach einem satten Polster auf dem Konto hatte, ein Polster, das auch noch halten würde, wenn ich einmal krank wäre, ein Windelpolster, ein Fläschchenpolster, ein Medikamente- und Spielzeugpolster, ein Größerewohnungpolster.
Ich redete mit meinem alten Freund K. über diesen Versorgermodus. K. sagte, ich solle vorsichtig sein. Er fahre in diesem Modus seit 5 Jahren und sei mittlerweile „stresskastriert“. Im Bett laufe deswegen schon ewig nichts mehr. Dazu verachte ihn seine Frau, weil sie nur halbtags arbeite, während er ja unbedingt Karriere machen müsse, während sie bei den Kindern zu bleiben habe.
Eine Scheidung käme aber nicht infrage: Dann würde er seine beiden Töchter nie wieder sehen. Mütter würden doch immer das Sorgerecht bekommen.
Von solchen Dingen will ich im Moment eigentlich nichts wissen. Und erst recht nichts von Geschlechterkrieg und Kampf um das Kind. Und außerdem: Haben wir das nicht überwunden? Wenn es die für alle frischen Eltern düstere Bedrohung am Horizont schon gibt – dass man eines Tages keine Familie mehr ist – kann man dann nicht wenigstens darauf hoffen, dass das alles zivil über die Bühne geht?
Je mehr ich mich umhörte, desto klarer wurde mir: kann man nicht. Im Gegenteil, die Frauen und Männer rüsten auf im Kampf um das Kind, es wird, fein säuberlich getrennt nach Geschlechtern, in Lagern gekämpft. Es gibt nicht mehr nur die Vätervereine, die sich bereits seit 40 Jahren bemühen, die Rechte der Väter zu vertreten, sondern seit kurzem auch zum Beispiel den Verein „Mütterlobby“ für weibliche Scheidungskriegsopfer. Zweite, unschöne Erkenntnis: Die Weichen für diese traurigen Rosenkriege werden zu einer Zeit gestellt, zu der viele an Trennung noch gar nicht denken. In dem Moment nämlich, in dem wir in die Geschlechterrollenfalle tappen. Und das passiert den allermeisten Paaren. Weil, dritte Erkenntnis: Die Politik immer noch versagt, wenn es darum geht, Gleichberechtigung in Familien- und Arbeitsleben zu unterstützen.

Natalie Bauer, die in Wirklichkeit anders heißt, wollte nach der Scheidung durchsetzen, dass ihre Kinder bei ihr wohnen und den Vater nur alle zwei Wochen sehen. Sie hatte gute Argumente auf ihrer Seite, denn es gilt im Sorgerechtsverfahren das Kontinuitätsprinzip, und Bauer hatte zum Zeitpunkt der Trennung fünf Jahre in Elternzeit verbracht, während ihr Mann Vollzeit weiter arbeitete. Meistens war er erst um neun Uhr abends daheim, die Kinder waren dann schon im Bett.
Im Sorgerechtsverfahren behauptete ihr Ex-Mann dann, sie habe ihn und die Kinder massiv geschlagen. Auf den Gedanken, das zu behaupten, habe ihn wohl ein Väterverein gebracht, glaubt Natalie Bauer, die sich inzwischen vom Verein „Mütterlobby“ beraten lässt.

Nur so sah ihr Ex-Mann wohl eine Chance, das Umgangsrecht zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Während die gemeinsame Sorge inzwischen Standard ist, ist die Frage des Umgangsrechts zurzeit das umstrittenste Thema zwischen organisierten Vätern und Müttern. Die Väter befürworten ein Modell, bei dem die Kinder jeweils für einige Tage bei der Mutter und dann beim Vater leben. Gängiger ist das Residenzmodell, bei dem das Kind einen Hauptaufenthaltsort hat. Das von den Vätern favorisierte Wechselmodell, inzwischen in den USA, Frankreich, Spanien und anderen Ländern gesetzlich verankert, scheint sich auch in Deutschland durchzusetzen.

Die Kinder sollen beide Eltern haben, klar, das klingt logisch. Aber warum erst nach der Scheidung? weiter bei der Berliner Zeitung


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