Die meisten Türken sehen aus, als kauften sie ihre Klamotten im “Zum hässlichen Türken”.
Und die allermeisten, die dieses seltsam aggressive, im Pimp-Roll daher kommende Türkendeutsch sprechen, sind blonde Kartoffeln.
So weit, so unästhetisch.
Abgesehen von der Straßenbildbereicherung, der Ergänzung des Schnellimbissangebots und der Sprachschleifung weiß man als Deutscher nicht so recht, was die Masseneinwanderung von Türken denn an Gutem hat.
Es gibt ein Problem zwischen Deutschen und Türken. Auch wenn die Türken seit vier Generationen hier leben und ihre deutschen Gegenparts “Ey, Alter, man, weischtu?” sagen.
Wenn man sich die 2606 Kommentare zu einem YouTube-Video über die Brandkatastrophe in Ludwigshafen anschaut, dann ist der Konflikt nicht wesentlich anders geartet als der, der in diesen Kommentaren zu einem Video, das einen Afroamerikaner zeigt, der einen Polizisten zusammenschlägt (das Video sieht unecht aus, ist aber auch egal), zum Ausdruck kommt.
Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass ein deutscher Politiker eine Rede wie Obamas A more perfect Union halten wird. Nicht, weil diese Rede so brillant wäre. Sondern weil man in Deutschland Deutsche und Türken nicht hinter einer Idee versammeln kann. Die deutsche Raison d´État existiert nicht. Das Staatsziel der deutschen Politik ist, weiterzumachen. Mit was? Müsste man mal in die Umfragen schauen.
Es geht hier (Blogtexte werden ja immer so unaufmerksam gelesen) nicht darum, die Behauptung aufzustellen, alle Türken und alle Deutschen hätten ein Problem miteinander, nicht einmal von einer Mehrheit beider Gruppen würde ich sprechen – es geht darum, dass es nicht einmal eine theoretische von einer Staatsidee getragene Möglichkeit der Versöhnung gibt – oder wenigstens eines YouTube-Hits.
So erinnern uns die Türkenjungs am Hermannplatz mit ihren Bushido-Frisuren und ihren schneeweißen Jacken daran, dass wir es seit 1949 nicht geschafft haben, der Welt mitzuteilen, was wir eigentlich wollen. Wollen wir möglichst viel Freiheit oder Rentenanspruchssicherung für jeden, der einen Ariernachweis bis zum Urgroßvater vorzeigen kann? Wir sind die Deutschen und wir würden gern in Ruhe gelassen werden. Das ist ein bisschen wenig.
Die meisten Teenager sehen aus, als kauften sie ihre Klamotten im “Zum hässlichen Teenager”. Und zwar seit Generationen, das muss so sein, damit sich Erwachsene darüber aufregen und sie hässlich finden können. Türkische Erwachsene wirst du selten in Jogginganzügen, BW-Parkas oder pseudo-jugendlicher Kleidung auf der Straße treffen, ihre deutschen, gleichaltrigen Nachbarn hingegen schon. Ich sehe an türkischstämmigen männlichen Berlinern sehr oft Sakkos oder gar Anzüge, gern auch eine Kopfbedeckung, bei den Frauen die Burka oder entsprechende Pendants zu den Gatten. Ist das hässlich? Ich finde sinnfrei bedruckte Karstadt-T-Shirts schlimmer.
Die fehlende gemeinsame Idee zu bemängeln ist ein spannender Ansatz, finde ich. Warum aber braucht es dafür eine Klischee-Einleitung, die auf 90% der internationalen HipHop-Welt zutrifft und keineswegs ein türkisches Phänomen ist?
Muss man denn immer etwas wollen? Also als Volk?
Reicht nicht, wenn jeder für sich so ein bisschen was will?
weil das genau die wahrnehmung ist. du und ich und mit sicherheit die mehrheit von blogleser, die ich jetzt einmal pauschal als gut informiert und gebildet bezeichnen würde, wissen, dass es so ist, wie du sagst. aber deshalb darf man probleme nicht leugnen. und auch nicht ein unterschiedliches kulturverständnis. es gibt mittlerweile immer mehr amerikanische serien, die mit afroamerikanerklischees spielen.
da sind schwarze auf einmal nicht mehr die überangepassten huxtables, sondern sich in den schritt greifende pimps. die man eben auch mögen kann (im falle von larry david sogar: lieben). man muss unterschiede nicht wegdiskutieren, um zu gemeinsamkeiten zu kommen. manchmal kann man sie sogar überbetonen.
für anfänger
für fortgeschrittene, keine ahnung.
“sondern sich in den schritt greifende pimps”
bäh.
dann lieber johnnys anzugträger.
und außerdem – alles nicht wahr!
Einfach mal umschauen in den Bezirken. Schauen nach Vereinen, in den Bibliotheken und anderen öffentlichen Einrichtungen. Da passiert dermaßen viel – alles eine Frage der Wahrnehmung…
@malte Aber dann würde ich gerne was über die tatsächlichen Probleme lesen. Nur meine zwei Lira …
Hab ich glaub ich schon mal gesagt, aber ich hab irgendwann schockiert festgestellt, dass ich auf Tuerkisch weder Guten Tag noch Danke sagen kann. Obwohl ich seit der ersten Klasse mit Tuerken aufgewachsen bin.
Die ganze Integrationsdebatte (die verkuerzt gesagt auch nicht anderes sagt als: Wer in Deutschland leben will, soll sich auch wie ein Deutscher geben) hat genau das gezeigt, was Malte hier schreibt. Dass es einfach gar keinen Plan gibt, wie man mit der Situation umgehen soll.
Aber das ist ja nicht der einzige Aspekt der Politik, in dem das so ist. Schoen gesagt: “Staatsziel ist weitermachen”.
Ich würde mal sagen. Amerika hat es mal wieder geschafft, dass man auf es neidisch sein kann. Also das mit der Idee. Ich würde das Folgendermaßen beschreiben:
In Europa konstituierten sich die Nationen aus den Völkern. Das heißt Nation war von Anfang an ein rassistischer Begriff. Das Selbstverständnis hat, nicht nur in Deutschland, immer mit dem Blut zu tun. Nicht umsonst hieß die Nation auch “Vaterland”.
Und nur aus der Verlegenheit des Fehlens einer Legitimation dieses Rassismus heraus, war die amerikanische Nation darauf angewiesen, überrassistische Ideale einzuführen, die sowas wie eine Einheit schaffen.
Als nach dem zweiten Weltkrieg der Rassismus allgemein seine Lobby verlor, stand Amerika natürlich besser da, als die anderen Länder. Die Franzosen hatten immerhin noch die Ideale der Französischen Revolution. Ok, und Deutschland hat eine blasse Analogkopie davon abbekommen.
Dazu kommen ja durchaus einige, wenigstens temporäre, Wollensakte:
1. Schuld und Sühne für zwei Weltkriege.
2. Besser als die DDR sein.
3. Fussball- und Exportweltmeister sein.
So langsam verlieren diese aber an Integrationskraft. Und wenn wir dieses Jahr nicht wenigsten Europameister werden, sehe ich ganz schwarz für die Integration.
@mspro ähmm also mit der annahme das der rassismus in den usa seine lobby verloren hätte wäre ich vorsichtig. es ist inopportun geworden das öffentlich kund zu tun, aber im süden + teilen von texas ist die rassentrennung de facto alive and kicking.
Ja, Weltmeister sein.
@westernworld:
Es ging ja auch nicht darum, dass es in Amerika keinen Rassismus gibt. Sondern darum, dass man in Deutschland seit Jahrzehnten keinen Plan hat, wie man damit umgeht.