Günther Jauch puts the Show in Talkshow, was man von Außen nicht glauben würde, denn nach internationalen Maßstäben sehen wir in der Figur Jauch keinen Showman, sondern den Filialleiter einer Raiffeisenbank. In Deutschland aber, dem Land der unbedrohlichen Stars, ist der Eintönige der König unter den Rindern. Neben Bause, Pflaume, Bohlen konnte der Sympath Jauch sich leichterhand den Ruf erarbeiten, anders zu sein: seriöser, klarer, bürgerlicher.
Er kann sich über Tapeten und Gebrauchtwagen unterhalten, er weiß, auf welchem Wochenmarkt es die besten Nudeln gibt, er kann zu subkulturellen Phänomenen eine freundliche Distanz schaffen, die gerade nicht zu offensichtlich ausgrenzt. Und dabei rede ich von Tätowierungen. Jauch macht seine Sache gut, wenn es um Unterhaltung geht.
Seine Polit-Talkshow erinnert an die Bemühungen eines Zweitligaspielers, bei einem Verein mitzuspielen, der in der Bundesliga Ambitionen hat. Am Anfang bemüht er sich noch, es reicht bei weitem nicht, also spielt er im Training nur noch seinen Stiefel runter. Spielt er dann doch mal, wird es unangenehm.
Nun ist die Jauchshow gar nicht mal viel schlechter als die anderen. Aber er sendet auf dem Königstermin nach dem Tatort, er ist der Star, der menschgewordenene Sonntagsermittler. Wir zeigen Ihnen jetzt einmal einen Film, damit Sie sehen, was wir für Sie gegooglet haben.
Wenn nun bei ihm gesendet wird, was bei allen gesendet wird, dann ist das so, als sähe der Tatort plötzlich aus wie Berlin Tag und Nacht.
Der Grundfehler aller Talkshows – sie würden sagen, es sei der Grundpfeiler – ist die Idee, alle Meinungen seien vertretbar und gleichberechtigt. (Fair! Not balanced! So sollte Politik gemacht werden bei Politiksendungen, wie man aus The Newsroom weiß.)
Alles ist sowohl als Jauch. Eine Psychologieprofessorin hat bei Maischberger genauso viel Redezeit wie Harald Glööckler, was schon wahnsinnig genug ist; bei Jauch dominiert ein Katholik, der Meinungen vertritt, die der Papst zwar hat, für die er sich aber schämt, während Frauen, die vergewaltigt wurden, verhältnismäßig wenig Redezeit bekamen, ich meine mich an Null zu erinnern.
Aber wir haben doch auch eine Grüne und auch einen, der sagt, es sei doch gar nicht so. Ja, aber auch einen Schlag ins Gesicht. Und nicht einen von der guten, erhellenden Sorte.
Der Redaktion scheint es nicht mehr zu gelingen, Jauch vorzubereiten. Er ist weniger tief im Thema als ein Fünfjähriger mit Internetanschluss es nach 5 Minuten wäre. Der Radikalkatholik sagt, Kardinal Meisner habe mitnichten die Abtreibungspille freigegeben (womit er recht hat, er hat lediglich eine Pille freigegeben, die ausschließlich die Befruchtung verhindert, nicht aber die Einnistung, was man für die vorhandenen Produkte nicht sagen kann), worauf Jauch immer und immer wieder in den Raum wirft, der Kardinal werde doch nicht über eine Pille reden, die es nicht gibt.
Leider machte nicht einmal einer einen naheliegenden Witz an der Stelle.
Wer schon einmal eine Schwangerschaft aus der Nähe verfolgt hat, der kann ermessen, was für eine unerträgliche Bürde dieser Zustand sein muss, wenn er nicht vollkommen erwünscht ist.
Das Recht auf Abtreibung ist eine der wichtigsten Errungenschaften einer freien Gesellschaft.
Dass ein Vertreter der alten Macht nicht einfach für einen Einspieler Gehör findet, sondern eine Diskussion dominieren kann (während das Publikum es tatsächlich nicht fassen konnte, was da auf der Bühne gesagt wurde), ist ein Versagen Jauchs, für das jener ambitionierte Zweitligaspieler, der sich nicht mehr recht Mühe gibt, aus dem Stadion geschmissen würde.
Jauch aber bleibt der König des Status Quo. Es sieht so aus, als würden heiße Eisen angefasst, in Wirklichkeit sorgt man durch die eingeladenen Gäste und größtmögliche Trainingsfaulheit dafür, dass alles bleibt, wie es ist. Dass Frauen, die vergewaltigt wurden, keine Hilfe bekommen von Krankenhäusern, die der Staat outsourcet an ein Unternehmen, dessen Ethik mittlerweile nur nach aus brutalsten Biologismen besteht. Dessen “Corporate Identity”, wie der Musterkatholik betonte, die Ablehnung von allem ist, was Menschen ausmacht. Die vom Heiligen Geist so weit entfernt ist wie Jauch von einer guten Sendung.
[...] http://www.malte-welding.com/2013/02/04/gunther-auch/ [...]
Vielen Dank für die präzise Anwort. Ich hätte es nicht viel besser ausdrücken können. Leider sind mittlerweile die meisten Talkshows auf ähnlichem Niveau wie Günther Jauch. Ich war gestern mal wieder furchtbar enttäuscht und verärgert über die geschmacklose Diskussion. Offensichtlich traut sich keiner wirklich die Machenschaften der Kirche zu thematieren. Schade eigentlich.
Danke. Besser hätte ich es nicht schreiben können.
Es war unerträglich zuzusehen. Ich frage mich auch immer noch wieso Herr Neher nicht der Lüge bezichtigt wurde (gleich am Anfang “… Blabla wir haben zu keinem Zeitpunkt (genauen Wortlaut weiß ich nicht mehr)…” dann kam der Einspieler und genau der sagte anhand von Beweisen (Briefe der Caritas mit der Weisung Menschen nicht zu behandeln..)
Und Jauch geht garnicht darauf ein.
Und alles bleibt wie es war.
Aber zum Glück kann man so gute Texte wie hier lesen und weiß das es nicht so bleibt. Danke.
Und jedes Mal denke ich wieder, warum? Kann er nicht einfach bei “Wer wird Millionär bleiben”?
Danke! Toller Beitrag über diese unmögliche Sendung, die nicht unmöglicher als die anderen ist, aber wie du sagst, eben auf dem “Königstermin” gesendet wird. Dementsprechend denkt man, man dürfe gewisse Erwartungen haben. Darf man aber nicht.
Bei WWM hat er doch auch (schon vor langem) angefangen, immer nur noch mehr und mehr belangloses Zeug zu schwafeln. Vielleicht vorzeitige Alterstüddeligkeit?
Danke!
Ich habe den Beitrag mit großer Erheiterung gelesen und bin froh, das ich diese Sendung nie schauen muss. Wenn sich aber dann doch so gute Beiträge daraus ergeben, frage ich mich, ob sie nicht doch zu etwas gut sind? So hat mich die Kritik an der Sendung erheitert, ohne dass ich beim schauen von Jauch gelitten hätte. Ein seltsamer Widerspruch der da zu Tage tritt…
Ich glaube, dem Lohmann möglichst viel Redezeit einzuräumen war gar nicht mal so schlecht. Ich kenne ein paar Nicht-Gläubige, die den Kirchenaustritt einfach nur aus Faulheit noch nicht vollzogen haben. Denen mal vor Augen zu halten, wem Sie da eigentlich in die Hände spielen ist vielleicht ein nötiges Wachrütteln.
[...] -> Günther Auch | Malte Welding. [...]
Jauch ist nicht mehr zum Aushalten. Ich dachte den Diskutanten wird vom Moderator mal ein bißchen auf den Zahn gefühlt. Wir haben nach 10 Minuten umgeschaltet.
[...] lesenswerte gedanken von malte welding zu günther jauch weitersagen:TwitterGoogle [...]
Danke für eine im besten Sinne polemische Sendungskritik. Ich denke, Oliver Welke hat die Sache letzten Freitag (http://www.youtube.com/watch?v=wvenSTKJgZg) auf den Punkt gebracht: “Wollen die Katholen eigentlich, dass die Leute massenhaft aus der Kirche austreten, oder was ist da los.” Die Antwort darauf lautet offensichtlich “ja”, und da Jauch selbst katholisch ist, itut er alles, um sein Teil zur Erreichung des Ziels beizutragen.
[...] Günther Auch | Malte Welding Nun ist die Jauchshow gar nicht mal viel schlechter als die anderen. Aber er sendet auf dem Königstermin nach dem Tatort, er ist der Star, der menschgewordenene Sonntagsermittler. Wir zeigen Ihnen jetzt einmal einen Film, damit Sie sehen, was wir für Sie gegooglet haben. [...]
herr im himmel, selbst schuld, wenn du diesen scheiss guckst und dann hinterher auch noch jammerst. ich habe besseres mit meiner zeit zu tun, als sie an ein bad im deutschen konsens zu nehmen.
malte, du warst mal so klug, zu bemerken, daß wir das alle nur wegen dem ficken machen. im moment bemerkst du schon nicht einmal mehr, daß alle das nur machen, um in’s fernsehen zu kommen und wenn nicht, dann doch wenigstens darüber lästern zu dürfen.
[...] Talkshows funktionieren Wie Malte Welding gut beschreibt, handeln viele Redaktionen schlicht nach der Überzeugung, dass jeder Standpunkt schon ok ist und [...]
[...] Günther Auch – Ich bin geneigt Malte Welding zustimmen: „ Jauch […] bleibt der König des Status Quo.“ (Wobei der Name eigentlich oft austauschbar ist.) [...]