Die Rückeroberung des öffentlichen Traumes

Mathias Richel schreibt über Wege, das Netz zurückzuerobern.
Sein Ansatz ist, eine öffentlich-rechtliche Netzstruktur aufzubauen. Jeder wäre dann Herr seiner eigenen Wolke. Wie im Himmel.

“Und wer soll das bezahlen?
Das ist das Einfache: Die Telkos.

Ich plädiere für eine Abgabe der Accessprovider pro Anschluss.
Und weil es so schön griffig ist: Der Netzeuro.

Pro Anschluss (IMHO z.Zt. ca. 55 Mio deutschlandweit) führen die Telkos 1€ der monatlichen Nutzerentgelte ab. Das ist ausreichend, um dieses Vorhaben zu finanzieren (55Mio mtl./660Mio jährlich) und niedrig genug, damit dieser Euro im Preiskampf nicht auf die Nutzer umgeschlagen werden kann.”

Als etwa 2006 die Frage aufkam, ob Blogs die großen Medienverlage verdrängen werden, konnten Blogger recht optimistisch auf die Zahlenentwicklung schauen. Die öffentliche Meinung, so sah es aus, wäre nicht mehr die Meinung einiger reicher weißer Männer (und Erbinnen), sondern die aller.

Geschehen ist etwas anderes. Burda verdient sein Geld mit Fressnapf.de, Axel Springer mit dem Bild-Shop und die meisten anderen mit gar nichts. Journalisten werden entlassen und müssen SEOs werden.

Immer wieder stellen die Nutzer von Reddit, dem sozialen Newsaggreagtor, fest, dass die Seite zu Advance Publications gehört, einer gigantischen Medienholding, zu der eine Zillion Zeitungen und Magazine gehören. (Und bleiben dennoch auf der Seite).
Ob man den New Yorker liest oder GQ oder die Vogue, ob man auf Reddit eine Anzeige klickt oder auf style.com oder arstechnica.com, immer geht der Erlös an Donald Newhouse und Familie.

Was hat also das Web2.0 bislang verändert? Das, was wie der Beginn eines Triumphzugs aussah, war in Wahrheit ein Rückzugsgefecht. Die reichen weißen Männer (und Erbinnen) haben bislang gewonnen. Uns bleibt das Liken.

17 comments

  1. Und wo bleibt das Positive, Herr Welding? Die Rückeroberung usw.

  2. Lustig, dass du fragst. Ich denke – daher auch die Überschrift – dass zunächst einmal überhaupt der Traum wiedergewonnen werden muss. Die Gegenwart ist unter diesem Aspekt, dem der Meinungsfreiheit und wichtiger noch dem der Meinungsdurchsetzungsmöglichkeit, nicht so ungeheuer positiv.

    • Ich frage mich , was ein paar mit einer Zwangsabgabe finanzierte solitäre Wolken damit zu tun haben? Gib jedem Menschen seinen eigenen kleinen Webspache, aber was wäre damit für die Meinungsfreiheit und – durchsetzungsmöglichkeit gewonnen?

      • Einiges wäre für die Meinungsfreiheit und überhaupt erstmal die Möglichkeit, diese zu üben und zu praktizieren, getan. Wobei die Sache nicht so einfach ist, wie einige meinen.

        Der Berliner Philosoph Volker Gerhardt hat gerade einen überaus lesenswerten 700-Seiten-Schinken geschrieben, in dem er – stark verkürzt – die Öffentlichkeit als politisches Bewusstsein der Gesellschaft beschreibt.

        Miteinander reden schafft Öffentlichkeit, Miteinander Dinge entscheiden und dementsprechend handeln konstituiert Öffentlichkeit. Klingt so einfach, dass man sich fragt, warum hier einige so einen Huzzle machen. Nun, die Verfasstheit des Raumes, in dem Öffentlichkeit geschehen kann, trägt wesentlich dazu bei, wie der Mensch die Chancen des gemeinsamen Gestaltens erfährt und lernt damit umzugehen. Ein Problem (das anfangs ein Vorteil ist) entsteht dadurch, dass der Mensch extrem anpassungsfähig ist.

        …ups…das ist hier ein wenig länger geworden und ich hab ja versprochen längere Kommentare zukünftig in mein Blog zu stellen (ganz artig mit Backlink natürlich). :)

        Weiter geht’s also hier: http://jensbest.net/2012/12/29/sind-wir-alle-idioten/

  3. @bosch
    Das ist Mathias’ Ansatz.

    • Was mich ratlos macht: alles.

      • Ich versuche gerne, es dir auseinanderzusetzen.
        Mathias hat einen Vorschlag zur Sicherung der Netzneutralität sowie zur Sicherung der Herrschaft über die eigenen Inhalte.
        Angestoßen davon verweise ich auf den geschichtlichen Traum, die öffentliche und veröffentlichte Meinung aus den Händen einiger weniger zu gewinnen.
        Schließlich zeige ich anhand einiger Beispiele auf, wie die Wirklichkeit sich entwickelt hat.

  4. In Zeiten des Edge-Ranks kann ich nicht ernsthaft darüber diskutieren, was mit eigenem Webspace für alle für die Meinungsfreiheit gewonnen wäre. Und wie gesagt: Es geht nicht darum, das eine durch das andere zu ersetzen. Wir sind nicht im Kommunismus. Aber das Netz gesamtgesellschaftlich zu begreifen, bedeutet eben auch, dass es einen öffentlich-rechtlichen Sektor braucht. So reguliert sich zum Teil unsere Marktwirtschaft. Dieser Sektor beginnt bei OpenData, geht über den Staat als Technologienachfrager (OpenSource) und endet beim Staat als Anbieter (Public Server).

  5. Ein klares Nein zur Deutschen Netzinfrastrukturanstalt | till we *)

    [...] soll Vorbild sein für öffentlich-rechtliche Infrastrukturanbieter im Netz. Oder, wie er es bei Malte Welding kommentiert: Es geht nicht darum, das eine durch das andere zu ersetzen. Wir sind nicht im Kommunismus. Aber [...]

  6. 2013: Unsere Zukunft im Netz ist öffentlich-rechtlich. | Mathias Richel

    [...] – Malte Welding “Die Rückeroberung des öffentlichen Traums” [...]

  7. Sind wir alle Idioten? « Anders

    [...] alle, niemand, du, ich, der Johnny von spreeblick und bestimmt auch der Malte Welding, obwohl der doch immer so tolle Texte in seinem selbstgehosteten Blog schreib…. Mit der Schuldfrage kommen wir also nicht weiter (weil wer will schon Malte andissen, [...]

  8. Klare Folgerung daraus: Mehr bloggen. Das gilt auch für Sie, Herr Welding. :-)

  9. Apropos Traum:

    “Und wer soll das bezahlen?
    Das ist das Einfache: Die Telkos.
    (…)
    Pro Anschluss (IMHO z.Zt. ca. 55 Mio deutschlandweit) führen die Telkos 1€ der monatlichen Nutzerentgelte ab.”

    Genau, die da oben! Klingt natürlich super. Genauso super wie die Forderung seines Chefs, dass Vermieter die Maklergebühr bezahlen. Telkos und Vermieter werden die Kosten ja ganz bestimmt nicht nach unten umlegen. Oder? Werden die doch nicht, oder? Wär’ doch voll unfair.

  10. Ähm … wieso bleibt uns das Liken? Mit dem Liken verdient schließlich Herr Zuckerberg …

  11. Was hat also das Web2.0 bislang verändert?

    Das kleine feine Blog und der große fiese Verleger sind beide auf Web 2.0 angewiesen.

    Medien, egal ob digital oder tot, sind nur der verlängerte Arm des Bürger; als solche Auge, Ohr und sogar (hoffentlich entsprechend als Kommentar oder Blog gekennzeichnet) Gehirn. Soziale Dienste sind asozialen wie – und das macht den Unterschied aus – sozialen Medien gleichermaßen den Marktzugang. Früher konnte senden, wer eine Lizenz und/oder Kapital hatte. Heute kann senden, wer will. Damit jemand zuhört, braucht es Köpfchen oder Kapital. Was gefällt, gewinnt. Was zu entscheiden ist: Wer hilft entscheiden was gefällt, derzeit sind das Google, Facebook und Twitter, folglich amerikanische Blackboxen.

  12. Im Kern ist das ja etwas, was Jaron Lanier vor anderthalb Jahren schon einmal festgehalten hat: Das Netz hat sein Versprechen, die Bürgerschaft und den Mittelstand zu stärken nicht wahr machen können. Im Gegenteil: Alle große IT-Konzerne arbeiten fieberhaft an der Auschaltung des Mittelstandes und der Aushebelung offener Standards.

    Ich kann nicht sehen, wie Matthias Vorschlag das ändern soll. Wie kommen Deine Tweets auf Deinen öffentlich-rechtlichen Webspace, wie die Aktivitäten deiner Freunde, wie Deine Photos? Nein … der Erfolg von Facebook und Twitter hat doch nichts damit zu tun, dass eigener Webspace Geld kostet, sondern damit, dass man ein verfluchter Informatiker sein muss, um mit eigenem Webspace etwas anfangenzukönnen.

    Wir, die wir programmieren können, die wir eigene Webspace bedienen können, sind am Erfolg von Facebook und Twitter schuld, denn wir haben es versäumt, dem Einfachheit von Social Networks offene UND einfache Lösungen entgegen zu setzen, ebenso versagt, hab das W3C und die WhatWG und die offenen Browser-Hersteller und jene großen offenen Gremien, die die Standards für das offene Web definieren; versagt durch endlose Jahre zähen Stillstandes.

    Nein … Facebook und Twitter bieten einfache Lösungen für Fehler in der Architektur des Internets. Wir können uns nicht darauf zurückziehen zu sagen: Dann lernt doch HTML oder OpenID oder FTP! Wenn die Leute etwas nicht benutzen, weil es zu kompliziert ist, dann haben die Leute recht. Das Internet ist kaputt, und wir haben versäumt, es zu reparieren. Da hilft auch kein öffentlich-rechtlicher Webspace.

  13. Selbstkritik 2012 – Schlussstrich | anmut und demut

    [...] dass man Spiele auch spielkann, indem man sich mit Freunden an einen Tisch setzt. Wenn Matthias und Malte noch versuchen, einen öffentlich-rechtlichen Traum von Internet zu retten, halte ich die andere [...]

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