Ich habe den Beruf gewechselt. Ich bin jetzt Wohnungssuchender in Berlin.
Der Startschuss für meine neue Tätigkeit fiel, als meine Vermieterin mir durch ihren Anwalt mitteilte, sie wolle in meiner Wohnung von nun an Bilder malen.
Meine Frau und ich suchen also nach Wohnungen, die unserer bisherigen gleichen, und machen einige Termine in Berliner Innenstadtvierteln aus.
Bei den ersten Besichtigungen sind wir noch naive Amateure, wir glauben, es werde reichen, die Selbstauskunft auszufüllen und seinen Personalausweis vorzulegen.
„Haben Sie denn keine personalisierte Bewerbung?“, fragt die Maklerin.
„Wo ich dann schreibe, warum ich besonders gut zu der Wohnung passe?“, frage ich zurück. „Ja, was denn sonst?“, antwortet sie.
Sie deutet auf den unübersehbar schwangeren Bauch meiner Frau und verdreht die Augen. „Für Familien ist die Wohnung doch ausdrücklich nicht geeignet.“
„Konzipiert wurde das Maklerrecht als einseitiges sogenanntes „Glücksgeschäft”, weiß die Wikipedia. Der Makler wird nur im Erfolgsfall bezahlt, nicht für seine Leistung. Er wird aber auch bezahlt, wenn er gar nicht für die Vermittlung verantwortlich ist. „Nach dem Gesetz muss ein mit der Verkaufsvermittlung einer Immobilie beauftragter Makler nichts tun.“ Schmerzlich wird mir bewusst, dass ich den falschen Beruf ergriffen habe
In der nächsten Wohnung zeige ich auf den Holzboden, der einmal feuerwehrautorot gewesen sein könnte zu einer Zeit, als es noch keine Feuerwehrautos gab. Jetzt ist er bräunlich und voller weißer Farbflecken. „Was passiert noch mit dem Boden?“, frage ich. „Mit dem Boden passiert nichts“, sagt der Makler erstaunlich bestimmt. Wir könnten das ja renovieren, allerdings sei der Vertrag auf zwei Jahre befristet.
Wenige Termine später stehen wir in einer recht hübschen, recht kleinen Wohnung. Irgendetwas fehlt. Mir ist es nicht gleich klar, ich frage meine Frau, ob sie auch so eine Verstimmung bemerke, aber meine Frau merkt seit vier Wohnungen nichts mehr. Sie ist für Krisensituationen nicht gemacht, denke ich.
Endlich erlöst mich die Maklerin. „Man muss vielleicht darauf hinweisen, dass die Wohnung immer dunkel bleibt.“ Sie löscht die Taschenlampe und weist auf das gegenüberliegende Hochhaus. Nun gut, ich bin schließlich keine Pflanze, ohne Licht könnte ich wohl leben.
Die Maklerin blättert in meinen Dokumenten: „Woher sollen wir denn wissen, ob Sie im nächsten Jahr noch genug verdienen?“, fragt sie. Ehrlich gesagt weiß ich das auch nicht.
Weiter in der Berliner Zeitung
5.000 Euro wurden meiner Freundin Johanna in ihrer Wohnung in der Bergmannstraße geboten, als sie potentielle Nachmieter empfing, um nach Pankow zu ziehen und das brachte sie wirklich in Schwierigkeiten, denn die mit den 5.000 Euro, das waren nicht die sympathischen.
Und ich dachte, hier in Tübingen sei es schlimm. Dabei ist es gar kein Problem, in Tübingen eine Wohnung zu finden. Wenn man so viel bezahlen kann, dass man in den Dörfern drum herum die Raten für zwei Haushälften abbezahlen könnte damit. In einer Stadt mit 25% studentischer Bevölkerung ist das aber den meisten nicht gegönnt und so bleiben die Vermieter alte schwäbische Bruddler, die anderen sind auf ihrer der Armut nahen akademischen Durchreise.
Und dann die Wohnungsanzeigen: “An StudentIN bis 27 Jahre, Wochenendeheimfahrerin zur Zwischenmiete, 19. August bis 1. September.” Ich werde mich wohl wie Malte & Familie ebenfalls professionalisieren müssen. Vielleicht kann ich danach ja als Makler arbeiten? Bei den hiesigen Provisionen müsste man mit zwei vermittelten Wohnung pro Monat passabel leben können.
Interessante und umfangreiche Seite, ich mochte meinen Freunden über diese Seite via Facebook erzählen. spielkarussell