27
Aug 12

Wohnungssuche

Ich habe den Beruf gewechselt. Ich bin jetzt Wohnungssuchender in Berlin.
Der Startschuss für meine neue Tätigkeit fiel, als meine Vermieterin mir durch ihren Anwalt mitteilte, sie wolle in meiner Wohnung von nun an Bilder malen.

Meine Frau und ich suchen also nach Wohnungen, die unserer bisherigen gleichen, und machen einige Termine in Berliner Innenstadtvierteln aus.
Bei den ersten Besichtigungen sind wir noch naive Amateure, wir glauben, es werde reichen, die Selbstauskunft auszufüllen und seinen Personalausweis vorzulegen.
„Haben Sie denn keine personalisierte Bewerbung?“, fragt die Maklerin.
„Wo ich dann schreibe, warum ich besonders gut zu der Wohnung passe?“, frage ich zurück. „Ja, was denn sonst?“, antwortet sie.
Sie deutet auf den unübersehbar schwangeren Bauch meiner Frau und verdreht die Augen. „Für Familien ist die Wohnung doch ausdrücklich nicht geeignet.“

„Konzipiert wurde das Maklerrecht als einseitiges sogenanntes „Glücksgeschäft”, weiß die Wikipedia. Der Makler wird nur im Erfolgsfall bezahlt, nicht für seine Leistung. Er wird aber auch bezahlt, wenn er gar nicht für die Vermittlung verantwortlich ist. „Nach dem Gesetz muss ein mit der Verkaufsvermittlung einer Immobilie beauftragter Makler nichts tun.“ Schmerzlich wird mir bewusst, dass ich den falschen Beruf ergriffen habe
In der nächsten Wohnung zeige ich auf den Holzboden, der einmal feuerwehrautorot gewesen sein könnte zu einer Zeit, als es noch keine Feuerwehrautos gab. Jetzt ist er bräunlich und voller weißer Farbflecken. „Was passiert noch mit dem Boden?“, frage ich. „Mit dem Boden passiert nichts“, sagt der Makler erstaunlich bestimmt. Wir könnten das ja renovieren, allerdings sei der Vertrag auf zwei Jahre befristet.

Wenige Termine später stehen wir in einer recht hübschen, recht kleinen Wohnung. Irgendetwas fehlt. Mir ist es nicht gleich klar, ich frage meine Frau, ob sie auch so eine Verstimmung bemerke, aber meine Frau merkt seit vier Wohnungen nichts mehr. Sie ist für Krisensituationen nicht gemacht, denke ich.
Endlich erlöst mich die Maklerin. „Man muss vielleicht darauf hinweisen, dass die Wohnung immer dunkel bleibt.“ Sie löscht die Taschenlampe und weist auf das gegenüberliegende Hochhaus. Nun gut, ich bin schließlich keine Pflanze, ohne Licht könnte ich wohl leben.
Die Maklerin blättert in meinen Dokumenten: „Woher sollen wir denn wissen, ob Sie im nächsten Jahr noch genug verdienen?“, fragt sie. Ehrlich gesagt weiß ich das auch nicht.

Weiter in der Berliner Zeitung


27
Aug 12

Deutscher Schlachtgesang triggert

Sind die gut! Die halbe Nacht habe ich deutsche Battle-Raps gehört. Ich hatte ja keine Ahnung. Battleboi Basti, Atzenkalle (der nicht rappen kann und nebenbei was Neues erfindet), Weekend (im großen Finale gegen Basti) und zum Abschluss die Genderbattle zwischen ÉSMaticx und Gio.
TRIGGERT!

Battleboi Basti vs. 4Tune – Finale HR Front + RR Konter (Mzee AudioBattleTurnier 2011)

Atzenkalle vs Main Moe

BattleBoi Basti vs. Weekend HR2 [FINALE] VBT Splash!-Edition

BattleBoi Basti vs. Weekend HR1 [FINALE] VBT Splash!-Edition

BattleBoi Basti vs. Weekend RR1 [FINALE] VBT Splash!-Edition

Battleboi Basti (OFFICIAL HD VERSION) – VBT-Splash 2012 Finale RR vs. Weekend

ÉSMaticx – VBT – 64tel Finale vs. Gio (feat. Mikzn70)

Gio – VBT 2012 64tel Finale vs Ésmaticx


26
Aug 12

Ich habe nichts gegen Fremde, aber diese Fremden sind nicht von hier

Nachdem Jasper von Altenbockum gestern auf faz.net die Ausschreitungen von Lichtenhagen hätten “das Ende der Utopie namens Multikulturalismus” markiert (“Wie lange hält es eine Gesellschaft aus, dass Monat für Monat zehn-, zwanzig- oder auch dreißigtausend Asylbewerber ins Land strömen?”), möchte ich hier als Gegengift einen Text von mir anbieten, der vor zwei Jahren in der Berliner Zeitung erschienen ist.

„Merkel erklärt Multikulti für gescheitert“ titeln die Zeitungen und für mich klingt das, als habe Angela Merkel gerade den Sommer verlängert, den Winter abgesagt oder die Wiedereinführung der Kinderlähmung beschlossen. Kann die Kanzlerin die Wirklichkeit in die Schranken weisen? Die Realität ist gescheitert, wir brauchen eine andere.
Die neue Leitkulturdebatte erinnert an einen Satz von Methusalix, dem greisen Gallier aus den Asterix-Heften: „Ich habe nichts gegen Fremde, aber diese Fremden sind nicht von hier.“
Was ist unsere Kultur? Bowlen, Bier und Bibelkreis? Oder eher Bohlen (ironisch, selbstredend), Bionade und Bali? Golf, Gucci, Genitalpiercing? Porsche, Polo, Psychotherapie? Tee,Tanzgruppe, transzendentale Meditation?
Wer an die Homogenität der Deutschen glaubt, der glaubt auch, Homosexualität sei eine Erfindung der Grünen.
Wir sind in Wirklichkeit eine höchst zufällige Ansammlung von Einzelwesen, kein Volk von eineiigen Mehrlingen und das waren wir auch nie.
Ich bin ein Nachzügler, mein Vater hat mich erst mit 53 Jahren gezeugt. Als kleiner Junge saß ich morgens auf dem Badewannenrand und schaute meinem Vater dabei zu, wie er seine Wunde versorgte. Irgendwo zwischen Hüfte und Rückgrat steckte eine russische Kugel in seinem Leib. Die Stelle, an der das Geschoss eingedrungen war, eiterte seit über dreißig Jahren. Er reinigte die Wunde, legte sie mit Watte aus und klebte ein dickes Pflaster drüber. Währenddessen erzählte ich wilde Geschichten aus dem Kindergarten und er noch etwas wildere aus dem Krieg oder aus seiner Kindheit. Oft kamen in den Geschichten Szenen von beinahe biblischer Gewalt und gewaltige Schneemengen vor. Sein Bruder war auf einem gefrorenen See eingebrochen und fast ertrunken; mein Vater hatte sich im russischen Winter einschneien lassen, um nicht zu erfrieren; seinem Nebenmann an der Front ging eine Kugel durch den Kopf und der Getroffene fragte „War da was?“, bevor er zusammenbrach; ein Hahn war, nachdem er geköpft worden war, auf das Dach der Scheune geflattert; sein Vater hatte ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit windelweich geprügelt. Es war eine Kindheit, aus der man entweder hochneurotisch oder sehr gelassen hervorgeht, mein Vater hatte sich für letzteres entschieden. Als er in Kriegsgefangenschaft war, zu seinem Glück in englischer, erhielt er die Nachricht, dass seine Eltern und zwei seiner Brüder umgekommen waren.
Das erzählte er mich nicht als Kind, sondern erst als ich erwachsen war. Verbrannt seien sie, sagte er. Vielleicht war er gar nicht so gelassen, vielleicht hatte er nur zu viel erlebt.

Vor einigen Monaten habe ich im Internet Ahnenforschung betrieben, mir schwirrten schließlich nur die unzusammenhängenden Anekdoten im Kopf herum. Dabei stieß ich auf ein Buch von Olaf Welding, dem Großonkel meines Vaters, in dem dieser die Familiengeschichte aufgeschrieben hat.
Mein Vater stammte aus einem Dorf in Estland. Seine Vorfahren waren zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts aus Kursachsen nach Narva ausgewandert, der Vater seines Vaters war der gebürtige Däne Frederik Welding. In Narva lebten zunächst kaum Esten. Neben den Deutschen gab es dort Finnen, Schweden und Russen. Bis drei Jahre vor der Geburt meines Vaters 1921 gehörte Estland zum russischen Reich. Im Zuge der Russifizierung im neunzehnten Jahrhundert wurde Russisch dann Amtssprache, die Testamente der Familie sind seitdem teilweise auf Russisch verfasst, aber die Integration lief nicht nur über Zwang. Olaf Welding notierte über einen meiner Vorfahren, den Gutsverwalter Wilhelm Hoffmann, der mit 62 Jahren eine Russin heiratete: „In seiner russischen Umgebung wohl allmählich verrusst, trat er bald darauf zum griechisch-katholischen Bekenntnis über, wobei er den Namen Wassili erhielt.“ Wassili war ein Mesut Özil seiner Zeit. (Ganz nebenbei bemerkt und ohne jeden Bezug zum Thema: Meine Ahnen hatten alle Namen wie die Kinder der Prenzlberger Schwaben. Meine Großmutter hieß, kein Witz, Julie Emeline Elisabeth.)
Infolge des Hitler-Stalin-Pakts wurde mein Vater mit achtzehn Jahren Reichsdeutscher und durfte für das fremde Deutschland in den Krieg ziehen. Nach dem Krieg verschlug es ihn in den äußersten Westen Deutschlands, nach Aachen, wo er Anfang der Siebzigerjahre meine Mutter heiratete. Diese wiederum war nach ihrer Schulzeit im Ruhrgebiet nach London gezogen und hatte dort einen pakistanischen Banker geheiratet, von dem sie zwei Töchter bekam.
Ich wuchs also mit zwei halb-pakistanischen Schwestern auf, mit einem zufällig deutschen Vater (der Zufall wurde hier personifiziert durch die Herren Hitler und Stalin), der beim EM-Finale 1992 zu Dänemark hielt und dem mein Ausgeh- und Haarfärbeverhalten so fremd blieb wie uns allen die Sitten und Gebräuche Aachens fremd blieben.
Dort lebten meine protestantische Mutter, Tochter eines Kommunisten, und mein ungläubig geschossener Vater, Sohn eines Nazis, unter Katholiken. Katholiken feiern Karneval und gehen danach zur Beichte, sie beschenken ihre Kinder zu Ostern und zum Namenstag und sie haben alle ungeheuer viele Tanten und Onkels, während meine Verwandtschaft auf der Flucht vor der Roten Armee ums Leben gekommen war oder im Ruhrgebiet nicht mehr miteinander sprach.
Und zu Ostern bekam ich nichts. Ich war eine ethnische Minderheit.

Selbst der konservativste Politiker käme keinen Moment auf die Idee, an meinem Deutschsein zu zweifeln. Ich habe sogar blaue Augen. Und doch habe ich fürchterlich gefremdelt.
Während meines Studiums war ich dann mehrere Jahre lang Teil eines ethnischen Konflikts: Meine Exfreundin ist Afghanin. Seitdem ich sie kenne, weiß ich, warum in Afghanistan ständig Krieg herrscht.
(Es handelt sich bei dem letzten Satz um einen Scherz, den ich mir während unserer Beziehung angewöhnt habe, ich lasse so eine Gelegenheit ungerne aus.)
Nun hatte ich allerdings tatsächlich mit meiner afghanischen Freundin einige Probleme. Unsere Beziehung musste vor ihren Eltern ein Geheimnis bleiben. Nicht, weil uns ein Ehrenmord gedroht hätte, die Gefahr war anders gelagert: Wir hätten heiraten müssen. Der Islam stand nicht zwischen uns, zwar war ihr als Kind von ihrem Vater die Schahāda ins Ohr geflüstert worden, aber das hatte ungefähr den Bedeutungsgehalt meiner Taufe.
Klar, alle Afghanen sind radikal, aber jeder auf seine Weise. Ihre Mutter bestand darauf, dass es Gespenster gibt und ausgerechnet das ist an ihr hängengeblieben.
Das arme Mädchen hat wirklich von Zeit zu Zeit Gespenster gesehen, was ganz lustig klingt, aber mitten in der Nacht ziemlich beunruhigend ist.
Vielleicht verstehen Sie nun, warum die Aussicht auf eine Zwangsheirat etwas Bedrohliches hatte. So leid es mir tut und so schwer es meine Arbeit als Mensch und Mitbewohner macht: Ethnie, sexuelle Glaubensrichtung, Hautfarbe, sogar Geschlecht: all diese beliebten Unterscheidungsmerkmale bieten keinen Hinweis darauf, wie ein Mensch ist.
Von meiner gespensterfürchtenden Freundin habe ich gelernt (sie war Politologin), dass ethnische Konflikte beinahe immer das Werk so genannter ethnischer Unternehmer sind. Der afghanische Warlord entdeckt auf einmal sein Paschtunentum und schürt Hass auf Hazara, weil seine Drogengeschäfte in Gefahr sind, der christlich-soziale Parteivorsitzende entdeckt sein Deutschtum und schart seine Wähler um sich gegen Zuwanderer, weil seine sonstigen politischen Errungenschaften auf einen Bierdeckel passen (man darf dabei nicht davon ausgehen, dass die ganze Fläche des Bierdeckels benötigt wird, meistens befindet sich auf Bierdeckeln in großzügigem Maß
Bierwerbung).

Einer meiner engsten Freunde ist Perser und als Bahai aufgewachsen. Die Bahai glauben an die Einheit der Menschheit, was im Iran zu viel der Brüderlichkeit ist. Mal wurden sie wie Vieh abgeschlachtet, mal regulär hingerichtet, mal inhaftiert.
Der neueste Schlager deutscher Vordenker lautet nun: Keine Toleranz gegenüber dem Islam, solange in islamisch geprägten Ländern Andersgläubige keine Toleranz erfahren.
Auf einmal ist unsere Toleranz Verhandlungsmasse, meine, Ihre, unsere Toleranz soll von der Toleranz des unaussprechlichen Mahmud Achmadinedschad abhängen.

Aber bei aller Toleranz habe ich Schwierigkeiten, an einem Fettnäpfchen vorbei zu gehen.
Einer flüchtigen nigerianischen Bekannten fasse ich mit Begeisterung ins, nein AUF ihr Haar, ich tätschel es wie eine kurzsichtige und leicht demente Großtante es tun würde (einmal habe ich sie sogar, Gott stehe mir bei, gefragt, ob sie sich freue, wenn sie im Sommer dunkler wird), meine türkischen Cafébetreiber frage ich, ob sie Weihnachten feiern und meinen schwulen Kumpel, ob es einer Beziehung nicht an Perspektive fehle, wenn man niemals Kinder bekommen könne.
Wie mittelmäßig ich integriert bin, wurde mir klar, als ich meiner Freundin N., deren Vater Türke ist, sagte, ihre Eifersucht sei wohl ihr türkisches Erbe, worauf sie erwiderte, sie glaube eher, dass sie deshalb so Angst habe, verlassen zu werden, weil ihre Mutter sie als Kind so oft allein gelassen hatte.
Ich habe Glück, dass meine Freunde und Bekannten nicht pingelig sind. Die Fallstricke der politischen Korrektheit würden mir sonst das Genick brechen wie Larry David, der in Curb your Enthusiasm in aller Unschuld zu seinem schwulen Arzt sagt: „Oh, ich hätte gar nicht gedacht, dass Sie schwul sind!“, womit er für einen ziemlichen Skandal sorgt.
Ich bin ein weißer Mann. Ich bin undiskriminierbar. Allerdings kann jeder jederzeit von mir tödlich beleidigt werden. Meine bloße Existenz ist kaum entschuldbar. Ich bin verantwortlich für Sklaverei, die Unterdrückung der Frau, die Ausrottung der indigenen Völker Amerikas, die Kolonialisierung, den ersten und den zweiten Weltkrieg, Napalm, Bhopal, Babyrobbenschlachtung und den Klimawandel.
Weil er an allem Schuld ist, hat der weiße Mann am Ende also doch einen Weg gefunden, sich benachteiligt zu fühlen: Weil es ihm so gut geht, kann er sich nicht beschweren, er ist die einzige Minderheit der Welt, für die die UNO nicht in Zusammenarbeit mit dem nordrhein-westfälischen Kultusministerium einen Kongress organisiert.

Wo ich lebe, da gibt es keine Ausländer. Hier sollten wir also alle gleich sein.
Gehe ich jedoch rechts aus der Tür hinaus und überquere den Victoria-Luise-Platz, dann befinde ich mich im Backstage-Bereich eines Schwulenpornos. In den Schaufenstern liegen Riesendildos, Ledermonturen und Folterwerkzeuge für den Hausgebrauch aus, die Butcherei Lindinger bietet handgefertigte Fetischmode. Alles vom Feinsten.
Gehe ich links hinaus zum Prager Platz, sitzen dort morgens um zehn enkellose Großmütterchen vor dem Café und rauchen ihre Billigzigaretten, auf den Parkbänken hängen zahnlose Schnapstrinker.
Ob zweihundert Meter oder zweihundert Lichtjahre, das spielt in Berlin keine Rolle.
Ich grusel mich vor den Vibratoren, von denen manche aussehen wie Mittelstreckenraketen, vor den ungesunden Gesichtern der Greisinnen, aber auch vor den supergesunden Lohas, die überall Läden für erlesene Öle und Salzstreuer einrichten.
Wenn ich noch einen Laden erblicke, in dem man seinen Atem erfahren kann, wenn ich noch ein Schild sehe, das in grüner Schrift auf schwarzem Grund die Vorteile eines ausbalancierten Healthstyles propagiert, dann …. Ja, was? Dann zucke ich mit den Schultern. Ich muss mir keinen Dildo in meine Körperöffnungen zwängen, ich muss keine Currywurst mit einmal alles essen, ich muss nicht mal ausbalanciert sein.

Neben dem Araber, der mir frischgepressten Orangensaft verkauft, steht Tag für Tag, von morgens bis abends, seine Frau. Sie arbeitet nicht in dem Laden, sie leistet ihm bloß Gesellschaft. Möglich, dass er sie nicht aus den Augen lassen will, vielleicht muss sie neben ihm stehen. Ihr Kopftuch liegt eng an und sieht wahnsinnig unbequem aus. Hielte ich es für nötig, einen Werteabgleich mit ihm zu machen, wären wir wahrscheinlich Feinde. So plaudern wir über Orangenqualität.

Bin ich gleichgültig? Aber sicher! Die allermeisten Menschen sind nicht ich, was ich für einen Fehler halte, aber verzeihlich.

Wenn Arschloch sein ein Aufenthaltshindernis wäre und ich die Kriterien aufstellen dürfte, was einen zum Arschloch macht, dann wäre Deutschland entvölkert.
Der Rapper form schreibt in seinem Blog über Ausländer: „Sie können genauso auch ihre Frauen schlagen, Schwule hassen, ihre Kinder nicht liebevoll erziehen oder sonstwas tun, genau wie das alle anderen machen.“ Er hat recht. Wir sind die Deutschen. Uns ist so viel verziehen worden, wir sollten Weltmeister im Zudrücken von Augen sein.

Uns ist eine Eigenschaft abhandengekommen, die man braucht, seitdem der Mensch nicht mehr mit seiner engsten Familie zusammen in einer Höhle hockt und erotische Geschichten mit Gnus in den Hauptrollen an die Wand malt. Wir wissen nicht mehr, wie man genervt ist und es dann gut sein lässt.
Wir haben nicht mehr die leiseste Ahnung davon, wie man mit einem in sich aufsteigenden Gefühl von Unbehagen umgehen soll. Mit wem ich mich nicht identifizieren kann, der soll sein Leben ändern, seinen Kleidungsstil und aufhören zu rauchen.

Wir haben kein Verständnis mehr vom öffentlichen Raum.
Würde sich in meinem Wohnzimmer ein rumänischer Halbwüchsiger anschicken, Lieder von den Beatles mit dem Akkordeon zu verhunzen, wollte mir in meiner Küche ein Crackmädchen die Motz verkaufen, käme mir im Bad ein junger Mann mit Hygieneschwierigkeiten entgegen, der Unterschriften für oder gegen politisch Verfolgte in Südwasweißichstan sammelt – ich wäre recht ungehalten.
Aber die Öffentlichkeit gehört uns allen, sogar denen, die ich nicht in meine Wohnung ließe.

Das politisch korrekte Tänzeln um die Fettnäpfchen herum und der brutale Homogenisierungsdruck sind zwei Seiten derselben Medaille. Der Angst vor Belästigung.
Der slowenische Philosoph und nichtpraktizierende Psychoanalytiker Slavoj Žižek hat dieses Phänomen erkannt und beschrieben. Mit dem Zusammenbruch der kommunistischen Staaten fiel auch im Westen die klare Opposition zwischen Sozialdemokraten und Christdemokraten weg. Übrig blieb eine – je nach Perspektive – sozialdemokratische/liberale Konsenspolitik, in der Regierung bloß noch Verwaltung war. „Die einzige Möglichkeit, diese Form der Politik mit Leidenschaft zu erfüllen und die Menschen zu mobilisieren, besteht darin, Angst zu schüren“, so Žižek.
Am Ende macht alles, was nicht ist wie man selbst, Angst. Alles Abweichende sorgt für Abscheu. „Das Recht, nicht belästigt zu werden, avanciert zum wichtigsten Menschenrecht in der spätkapitalistischen Gesellschaft – das Recht auf einen sicheren Abstand zum anderen“.
Im öffentlichen Raum, da stinkt es, da sieht es grauenhaft aus, da ist es laut. Der öffentliche Raum ist nicht meine Wohnung. Im öffentlichen Raum gibt es verschleierte Frauen und Kettenraucher mit dummen Gesichtern.
Es soll in der Türkei nur eine einzige Möglichkeit geben, nicht zum Militärdienst eingezogen zu werden: Man muss schwul sein. Seine Homosexualität beweisen kann man ausschließlich dadurch, dass man Bilder von sich beim passiven homosexuellen Beischlaf vorlegt, die dann von einer Kommission begutachtet werden. Schließlich werden die Bilder den Eltern des Verweigerers gezeigt. Es könnte sich bei diesem Szenario um eine Legende handeln, aber es ist zu schön, um nicht wahr zu sein. Stellen Sie sich vor, Freiheit wäre nur noch und ausschließlich im Rahmen eines Bekenntnisses möglich. Der Endpunkt dieses Bekenntniszwangs ist die Verweigerung in der Türkei, der Beginn ist die Umformung des öffentlichen Raums in eine belästigungsfreie Zone.
Wer raucht, wird verbannt, wer arm ist, wird verbannt, wer bettelt, erst recht. Wer arm ist und Ausländer und nicht nützlich, der soll auf keinen Fall reinkommen, wer hier ist und nichts taugt, der sollte dabei wenigstens ein hohes Amt bekleiden.
Multikulti ist nicht toll und bunt und friedlich, kein Karneval der Kulturen, kein fabelhaftes Essen beim Tibeter. Es kann ein ganz und gar unerfreuliches Gewirr sein, ein Taumeln zwischen Wilhelm und Wassili. Multikulti ist kein Sommerausflug mit dem Völkerverständigungsverein. Multikulti ist bloß: die Wirklichkeit.

Wir haben ein Grundgesetz und ja: Ich bin einer dieser langweiligen Verfassungspatrioten.
Mein Herz wimmert nicht, wenn ich die Hymne höre, in meinem Kleiderschrank ist nichts Schwarzrotgoldenes, aber ich bin in einem Land aufgewachsen, in dem man frei war bis an die Grenzen der Freiheit des Anderen.
Dieses Land habe ich nicht geliebt, ich pflege keine intimen Beziehungen zu Nationen, aber ich habe es geliebt, in diesem Land zu leben. Wenn die Freiheit des anderen nun dadurch schon beeinträchtigt sein soll, dass jemand an einen anderen Gott nicht glaubt, dann ist das äußerst unerfreulich.
Es war die Gründungsidee dieses Landes, dass wir viele verschiedene Menschen sind mit vielen verschiedenen Geschichten. Geschichten von Vertreibungen, von Schuld, von Verbrechen, Versäumnissen, Fehlern, rar gesäten Heldentaten und gewaltigen Schneemengen.
Kein Wort im Grundgesetz über Unvereinbarkeit von Kopftuch mit Kommunalwahlrecht, kein Wort, dass die Currywurst deutscher sei als Schawarma.
Die Mütter und Väter unserer Verfassung hatten noch einen Sinn für Geschichte und Wirklichkeit. Vielleicht sollte Angela Merkel mal blättern in dem Werk, das sie geschaffen haben, es ist nicht lang. Für Begriffe wie Leitkultur ist dort kein Platz.


24
Aug 12

PRAG – Sophie Marceau

Erik Lautenschläger, Nora Tschirner und Tom Krimi machen gemeinsam Musik und wenn alles so läuft, wie es laufen soll, klingt das so leicht wie die junge France Gall.

Und übrigens: ja, DIE Nora Tschirner. Muss man ja mögen.


15
Aug 12

Ismismus – Sagt seltener sexistische Kackscheiße

Sagt seltener “sexististische Kackscheiße”. Sagt seltener “rassistische Kackscheiße”.

Wenn man jemandem sagt, dass das, was er gesagt hat, rassistisch sei oder sexistisch, dann gibt es drei Möglichkeiten: Er geht in sich, lernt etwas über die Problematik und passt von nun an auf, was er sagt. Er wollte genau diesen Effekt erreichen und sieht sich bestärkt. Oder er ist beleidigt.

Die dritte Reaktion ist die übliche. Blöd, nicht wahr?
Es versteht nicht jeder, dass er kein Rassist sein muss, um rassistisch zu handeln, es hat sich nicht jeder mit Strukturen beschäftigt, die er jetzt verstärkt, er ist einfach nur beleidigt, wenn er mit einem Wort in Verbindung gebracht wird, das er benutzt, wenn er in den Nachrichten hört von Leuten, die jemanden totgeschlagen haben nur wegen seiner Hautfarbe.

Ich bin darauf gekommen, diesen Hinweis zu schreiben, als ich gerade auf Facebook gelesen habe, wie man wohl die Ernst Neger Bedachungs GmbH darauf hinweisen sollte, dass sie ihr Firmen-Symbol sehr unglücklich gewählt haben. (Link zu neger.de)

Alle, die sagen, dass Rassismus nicht da beginnt, wo jemand tot am Boden liegt, die haben absolut Recht, das ist überhaupt keine Frage. Man muss sich nur fragen, was man mit dem Vorwurf erreichen will. Will man die eigenen Truppen schließen? Dann kann man immer mit über das Ziel hinausschießendem Vokabular agieren.
Möchte man mit einem Menschen reden, dann sollte man klüger vorgehen.

Warum nicht jemandem, der unsensibel spricht, erklären, weshalb diese Art von Sprache Menschen verletzt?

Nun gilt der Wunsch nach Erklärung als klassische Derailing-Strategie, weshalb ich mich hier auf dünnem Eis bewege, ich habe jedoch immer erlebt, dass die Erläuterung auch offensichtlichst scheinender Sachverhalte für die Leser und vor allem für einen selbst ein Gewinn ist. Ob ich nun über ein Pädophilenforum geschrieben habe oder die NPD oder die Frage, warum man Mörder nicht umbringt. (Ich habe nur Artikel aus meiner Anfangszeit als Blogger ausgewählt, als ich also das Bloggen noch mehr oder weniger als Hobby betrieben habe, damit nicht der Vorwurf kommt, man könne in seiner Freizeit nicht wieder und wieder von Null anfangen bei seinen Erklärungen).

Nun ist es natürlich eine wunderbare Sache, in jedem Werbeplakat einen Sexismus zu sehen oder Exotismus oder Wasweißichismus. Da kann man dann saftig reinkloppen und mit Sicherheit bekommt man vier oder fünf Kommentare, die sagen: Ha, genau.

Das ist in etwa so hochpolitisch wie die Konsensplakate, die in den Achtzigerjahren in allen AStA-Büros hingen: dort war Helmut Kohl eben ein Nazi, was in seiner Schlichtheit zwar ein gutes Gefühl beim Betrachten brachte, aber den Erfolg hatte, dass Kohl immer und immer wieder gewählt wurde.

Macht man sich die Mühe nicht, ist es Masturbation.
Es ist ein ganz ernstgemeinter Schreibhinweis: Benutzt möglichst keine Ismen (ich habe es selber viel zu oft getan). Ihr macht es euch damit zu einfach, Ihr kürzt Eure eigenen Denkprozesse ab, Ihr seid letztlich zu faul.
Für jedes hingerotzte “sexistische Kackscheiße” stirbt ein Gedanke.


10
Aug 12

Wie die Fliegen

Pudding tut uns nicht gut, Rauchen tut uns nicht gut, Faulenzen nicht, Fleisch nicht, Liebe nicht. Eines davon ist unverzichtbar. Ralf König schrieb einmal, die mit dem HI-Virus verbundene Tragödie sei: Wäre es im Kaffee, würde man eben keinen Kaffee mehr trinken. Aber es trifft uns da, wo wir wild, töricht und am verletzlichsten sind.

Soll ich es nicht einfach sein lassen mit der Liebe?


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