Ich habe mit dem Schreiben angefangen, weil ich über Fußball unterhaltsamer schreiben wollte, als das damals geschah. Ich schreibe nicht mehr über Fußball, weil es mittlerweile einen Haufen von Blogs gibt, deren Autoren sich unendlich besser auskennen, verglichen damit waren meine Artikel bei Fooligan nur Kneipengeschwafel.
Das ist für mich völlig in Ordnung, manchmal fühle ich noch einen Phantomschmerz und twitter etwas Blödes, aber ich habe mich damit abgefunden, dass ich auch nach 30 Jahren aktiven Schauens das schöne Spiel noch nicht verstanden habe.
Aber warum können Sportjournalisten nicht ebenfalls das Handtuch werfen?
Ich kann jeden Tag die Süddeutsche Zeitung lesen und dabei sich sein, nicht eine relevante Information zu erhalten. Stattdessen wird unter völliger Verkennung von Statistik, Sport und Psychologie über Cristiano Ronaldos Seelenleben gedummelt (er trifft nicht, weil es Messi gibt) oder es werden ganz tief aus der Witzekiste ein paar nichtfunktionierende Running Gags geholt.
Der kicker hält es auch im tausendsten Jahrzehnt seines Bestehens für völlig ausreichend, Personalspekulationen vor dem Spiel und irrwitzige Notengebung nach dem Spiel als Sachlichkeit vorzutäuschen, und wirkt doch beruhigend gegen die Scherztruppe der 11 Freunde, die, wenn sie noch einmal ein Foto mit einer Fußballerfrisur aus den 70ern postet, mehr schlechte Frisurenbilder auf ihren Servern hosten als youporn. Auch ein Verdienst.
Doch all die Printödnis verhält sich zu dem Grauen der Öffentlich-Rechtlichen wie ein stinknormaler Swingerclubabend, bei dem jemand versäumt hat, Kleenex zu kaufen, zu einem Kölner Karneval ohne Bier.
Könnte ich doch nach einem Spiel einfach abschalten.
So sehe ich hilflos, dass Waldemar Hartmann noch lebt. Ein bestimmt grundsympathischer Mensch, wenn er schweigend und kaum nach Bier riechend neben einem in der U-Bahn sitzt. Neben ihm Matze Dings, den ich mal auf einer Party gesehen habe und dabei tatsächlich den Gedanken hatte, dass ich ihn, ginge er aufs Klo, ertränken und es auf den Alkohol schieben könne. Eine Kombination von nüchterner Eleganz, wie sich bald herausstellt, wenn man erlebt hat, wie die Twitterexpertin Jeannine Oliver Kahn Tweets vorliest.
Das ist natürlich einerseits der rührendste Zivilisierungsversuch seitdem man Lassie beigebracht hat, bei Gefahr einen besorgten Delphin zu imitieren, aber andererseits habe ich manchmal sogar noch nach einem Spiel ein Gehirn.
Sportschauer ist nicht ein Idiot.
Medien aber glaube das.
Warum isse?
Matze Knops Witze sind nicht lustig. Aber Matze Knop-Witze, die sind zum Schreien!
full ack.
waldi und matze knop sind nah dran an der zombie apocalypse. ist mir ebenfalls gestern aufgefallen, als waldi beim teasern auf der draisine sass und “nach polen” zurückgegeben hat.
nur: ich weiss auch keine lösung. vielleicht solltest du doch wieder über fussi schreiben. ins 11freunde-universum würdst du gut reinpassen, trotz aller paule-breitner-bad-hair-pics.
Ich finde bei den 11 Freunden die beiden, die die Livekommentare machen, ziemlich gut.
Ich habe mir gestern auch mal Waldis EM-Club gegeben (ich war zu Faul um oder auszuschalten) und war erschrocken, dass so etwas sinnloses überhaupt gesendet wird. Die hätten sich in einer Kneipe treffen sollen, um sich dort auszusprechen, aber nicht im Fernsehen . wenn man zum Beispiel diskutiert, warum 11 super Fußballspieler nicht gewinnen und davon ausgeht, dass damit gemeint ist, dass unbedingt schlechte Spieler mitspielen müssten – obwohl einfach nur gemeint war, dass diese 11 super Spieler eben auch als Team zusammen spielen müssen – dann kann ich mir einfach nur an den Kopf fassen.
An dämliche Kommentatoren während des Spieles habe ich mich inzwischen gewöhnt – die blende ich einfach aus ;-)
Schreibe auch seit 2006, ebenfalls mit dem Ziel “Soll unterhaltsamer sein”. Aber irgendwo zwischen Überspezialisten, Waldi und den Media Markt-Puppen geht’s halt unter. Bin immer noch enttäuscht, dass niemand mein Gedicht über den gartenlosen Béla Réthy vertont hat:
Er ist unser Mann am Mikrofon
Ihn kennt jedes Kind, ihn kennt die Nation
Sein Kopf ist gefüllt mit allerlei Daten
Doch er hat keinen Garten
Béla Réthy hat keinen Garten
Man fragt sich oft, wer ist dieser Mann
Der alles weiß, der alles kann
Er lacht lauthals auf, wenn andere raten
Doch er hat keinen Garten
Béla Réthy hat keinen Garten
Oft wirkt er gequält, oft wirkt er verbissen
Mal weiß er selbst nicht, wohin mit dem Wissen
Dann haut er drauf, dann gibt er den Harten
Doch er hat keinen Garten
Béla Réthy hat keinen Garten
Martin Schneider heißt der Mann neben ihm
Im Regen von Donezk, da wurd’ es intim
Sie schau’n auf den Rasen, weg fliegen die Karten
Jetzt wissen es alle: Er hat keinen Garten
Béla Réthy hat keinen Garten
Wir nörgeln, wir kritteln, wir jammern herum
Manche wünschen sich laut, dieser Mann wäre stumm
Doch auf uns im Keller, da wartet ein Spaten
Nicht bei Béla. Denn er hat keinen Garten
Béla Réthy hat keinen Garten
Somebody just made my day. Danke.
Bezüglich der Berichterstattung im TV: 100% Zustimmung. Bezüglich der Berichterstattung in den Printmedien: naja. Das meiste ist schrott und die 70er Jahre Frisuren der 11Freunde nur ein Teil. Der Rest sind da echt witzige Sachen (Ticker) oder gute Artikel.
Wo ich dir widersprechen möchte, betrifft deine Selbstwahrnehmung. Fooligan war nie Kneipengeschwafel und würde auch heutzutage nie in Konkurrenz zu Blogs wie Spielverlagerung stehen. Im Gegenteil: es würde auch heutzutage eine sehr lesenswerte Facette in der Fußballberichterstattung sein. Ich vermisse den Blog vor allem zur Zeiten der EM und WM. Vermutlich stünde ich nicht alleine mit der Freude da dich wieder zum Thema Fußball schreiben zu sehen…
Ich lebe in den USA und habe das Vergnuegen die EM auf ESPN live anschauen zu koennen. Mit sachlichen und sehr guten Kommentaren der meist britischen Reporter. Eine wahre Freude. Es gibt sie tatsaechlich, die guten, neutralen Sportjournalisten mit denen es Spass macht.
Auch die BBC soll großartige Arbeit leisten, sofern ich meiner Timeline bei Twitter vertrauen kann. Und für das französische Fernsehen kommentieren Arsene Wenger und Lizarazu (!).
Viel mehr frage ich mich, warum Mengen an Menschen sich über etwas eine fundierte Meinung bilden wollen, für die sich offenkundig niemand interessiert? Würde mich nicht wundern, wenn viele, die über Fussball berichten, weil sie dafür gutes Geld bekommen, insgeheim ein ziemlich distanziertes Verhältnis zu ihren “Konsumenten” haben, und sie deswegen vielleicht auch so lieblos behandeln, ihnen billigen, gestreckten Stoff zu verticken.
Ich habe erst vor kurzem spielverlagerung.de für mich entdeckt und kann die Begeisterung teilen. Macht wirklich Spass dort.