Die New Economy habe ich nur sehr passiv erlebt. Damals studierte ich Jura und immer wieder passierte es, dass ein Seitenscheitel vor Aufregung verrutschte, weil wieder jemand über Nacht mehrere zehntausend Mark verdient hatte. In den Nachrichten hieß es, wer jetzt keine Infineonaktien kaufe, werde den nächsten Winter nicht auf den Bahamas verbringen, und im Duschraum des Fitnessstudios unterhielten sich die gemachten Männer von Morgen über ihre Start Up-Beteiligungen.
Das Land war ein Casino. Und wie es in Deutschland so ist: Casinos sind Sache des Staates.
Also förderte der Staat alles, was bei drei noch nicht “Ich würde erst lieber noch zuende studieren” gesagt hatte. Unter anderem auch eine Firma, die sich auf Avatare spezialisierte. Die Firma hieß Moomax.
Im Mai 2010 stand im Lebenslauf des damaligen FDP-Generalsekretärs Christian Lindner:
“2000
Am 29. Mai gründet er mit seinem Kumpel Hartmut Knüppel ein „New Economy“-Unternehmen, die Internet-Firma und Werbeagentur Moomax GmbH.”
Und weiter im Jahr 2001:
“2001
Verläßt er Moomax wieder, die im Oktober Insolvenz anmeldet.
Ein weiterer Versuch, die Unternehmensberatung Königsmacher GmbH, kam erst gar nicht in Gang.”
Das ist nicht ruhmreich, aber das ist offen.
Einem Leser des oben verlinkten Blogs fiel auf, dass der Karriereschritt “1999
endet sein Dienst bei der Bundeswehr mit dem Dienstgrad Oberleutnant d.R. (Luftwaffe).” so nicht stimmen konnte, weil man innerhalb so kurzer Zeit gar nicht Oberleutnant werden könne, aber das wurde in einer späteren Fassung des Lebenslaufs auch korrigiert. Heute heißt es dort: “Lindner ist Hauptmann der Reserve bei der Luftwaffe.” Die Wikipedia dröselt die Lage dankenswerterweise für uns auf: “Lindner hatte zunächst Zivildienst geleistet, sich später jedoch für die Laufbahn als Reserveoffizier entschieden, als der er einmal jährlich eine zweiwöchige Reserveübung absolviert.[9] Verteidigungsminister Thomas de Maizière beförderte Lindner im September 2011 zum Luftwaffen-Hauptmann der Reserve.”
Ich bin kein Militärexperte, aber 1999 war Christian Lindner also noch nicht Oberleutnant d.R. Sagt er heute ja auch nicht mehr.
Was er heute auch nicht mehr sagt in seinem Lebenslauf: Dass er ein Unternehmen versenkt hat.
“Von 1997 bis 2004 war Lindner Inhaber einer Werbeagentur
sowie Mitgründer eines Internet-Unternehmens. In dieser Zeit
gab er zwei Fachbücher heraus.” (Hier ein Link zu einem der Fachbücher: “Avatare: Digitale Sprecher für Business und Marketing”.)
So heißt es also in der neuen Fassung seiner wechselvollen Biographie. Ist ja auch viel eleganter. Bei zu Guttenberg wurde übrigens die Zahl seiner Praktika immer kleiner, bis dann schließlich sogar sein Name um zwei Buchstaben und einen Punkt schrumpfte.
Ich würde mich nicht wundern, wenn bei Christian Lindner am Ende noch weniger übrig bliebe: Screenshot seines Lebenslaufs von heute, 8:00.
UPDATE:
In der Slideshow mit biographischen Details ist die Moomax-Pleite noch erwähnt.
tatsächlich steht aber in der slideshow zur biografie u.a. immer noch:
“Mein zweites Unternehmen war vor allem lehrreich: [...] Wir kamen zu spät, die Börsenblase platzte, bevor unser Produkt überhaupt vollständig ausgereift war. [...]Doch auch das neue Management schaffte den Turnaround nicht und meldete Ende 2001 Insolvenz an, die ordnungsgemäß abgeschlossen wurde. ”
zur finanzierung stehen da auch noch ein paar sätze – ich denke, als reaktion auf die immer mal wieder aufkeimende kritik daran.
und beim nächsten foto ist auch die sache mit der bundeswehr ein bisschen ausführlicher beschrieben als im pdf-lebenslauf.
man kann ja zurecht überlegen, warum solche details aus dem pdf-lebenslauf verschwunden sind – wirklich gut verstecken oder verschleiern kann oder will er sie aber offensichtlich nicht.
Welche Lehre ist denn jetzt aus dem Obigen zu ziehen? Soll Lindner jetzt irgendetwas tun? Müssen wir unsere Konzepte von Jugendlichkeit, Verantwortlichkeit und Personalität überdenken? Im Internet ist noch viel Platz für die Abblidung von Lebensverläufen.
Zum Hauptmann der Reserve ist er durch Lothar de Meziere geworden. Vorher war er Oberleutnant.
Hauptmann ist ein Dienstgrad oberhalb von Leutnant, das ist also irgendwie auch keine Richtigstellung, sondern durch die Beförderung entstanden.
Vielleicht ist er gleich um 2 STufen befördert worden?
Warum auch immer er befördert wurde. Er hatte als Berufspolitiker bestimmt irre viel Zeit und sich so intensiv um die Bundeswehr gekümmert, dass die Beförderung quasi überfällig war. Wie bei den ganzen Überfliegern in Berlin. Die können Partei, Firma, Wehrdienst, Doktorarbeit, etc. pp. problemlos unter einen Hut bekommen, während wir Normalsterbliche schon an einer Aufgabe scheitern …
[...] die heilsbringer von heute sind auch nicht mehr das, was sie mal waren … die wechselvolle biographie des christian lindner (malte [...]
@Stefan: Im Netz finden sich Quellen die sagen, dass Moomax 2 Millionen Fördergelder der KFW versenkt hat. Das ist im Kontext, dass die gute FDP es ja nicht als Aufgabe sieht, dass der Staat einer Privatfirma hilft, sehr seltsam. Vor allem, wenn diese 2 Millionen als “in Rekordverdächtigter Zeit” vernichtet wurden. Ein Schelm wer dabei Böses denkt.
Der Spiegel berichtet auch schon 2004 über Lidners Qualitäten:
Einen jüngeren Generalsekretär als ihn hat es noch nicht gegeben, und von Wirtschaft versteht er zudem einiges – allerdings vor allem von Pleiten: ..
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-38546636.html
2 Mio für Lindner, aber keine 50 Mio für 10.000. Frauen bei Schlecker.
Langsam sollte es sich doch unter Politikern rumgesprochen haben, dass man in seinem Lebenslauf nicht zu sehr auf die Kacke hauen sollte.
1,2 Mio EUR von der KfW verbrannt, das ist natürlich liberale Wirtschaftskompetenz vom feinsten. Da versteht man auch, warum für die Schlecker-Auffanggesellschaft nichts mehr übrig ist.
Die FDP ist doch wirklich endgültig zur Spaßpartei im Kindergarten verkommen.
Und seinem Buch hat er auf Amazon gleich zwei 5-Stern Rezensionen reingenknallt.
[...] #1: Malte Welding hat weitere Widersprüche im Lebenslauf aufgedröselt. [...]
Es war ja auch eine wahnsinnige Zeit damals. Ich selbst hab im Internet-Geschäft zu der Zeit kleine und vor allem unverschuldete Brötchen gebacken und für Schülerverhältnisse wahnwitzig viel Geld verdient. Zumindest wenn man es mit Jobben an der Tanke verglich. Die Industrie- und Handelskammer wünschte nur noch “viel Erfolg”, die Volksbank gab ungefragt zwei Pennälern riesige Dispos auf Firmen- und Privatkonten. Der Wahnsinn hatte selbst ganz unten alle angesteckt. Die Geschäftsideen waren zum Teil so offensichtlich Bullshit, und das habe ich damals schon gesagt, dass sie nie hätten vorfinanziert werden dürfen. Man denke nur an Snacker.
Da ist es halt ungeschickt, wenn man sich hat mitreißen lassen vom Schwarmwahnsinn und dann später ein öffentliches Amt bekleidet.
[...] Malte Welding: Die wechselvolle Biographie des Christian Lindner [...]
Die Schnellbeförderung des Herrn Lindner zum Hauptmann der Reserve war offensichtlich wieder einmal ausschließlich politisch motiviert, um positive Multiplikatoren und Entscheidungsträger aus den Parteien für die Bundeswehr gewinnen zu können. Üblich ist für “normale” Reserveoffiziere (die also auch regelmäßig jährlich in der Truppe üben, Urlaub vom Zivilberuf opfern und über viele Jahre fleißige Arbeit dort leisten) eine Mindestzeit von 5 Jahren ab Ernennung zum Offizier (also Leutnant), um überhaupt Hauptmann werden zu können. Bei Protagonisten wie Herr Lindner reichen dafür jedoch wenige Tage. Den Vogel abgeschossen hat jetzt der SPD-Vorsitzende von Potsdam, Mike Schubert. Der wurde ohne die entsprechenden Vorkenntnisse, Lehrgänge und entsprechende Führungsverwendungen mit 38 Jahren vom Hauptgefreiten der Reserve zum Oberstleutnant der Reserve hoch-befördert: ein Vorgang, der für aktive Soldaten oder normal übende Reserveoffiziere überhaupt nicht möglich wäre und für reichlich Frust in der Truppe sorgt. Ob Doktortitel, bequeme Stipendien, finanziell attraktive EU-Ehrenrunden, horrende Rentenansprüche oder jetzt auch militärische Dienstgrade: Einmal mehr fragt man sich, warum da etwas mehr Bescheidenheit angebracht ist.
„Christian Lindner FDP verklagt Rentner und Dichter wegen eines Schreibens in zwei Bundesländer, um einen politischen Widersacher auszuschalten. F.P. betreibt eine Internetseite, http://www.frank-poschau.jimdo.com wo er seine Gedichte einstellt und mehrere Personen ihre politische Meinung zur Diskussion veröffentlichen. Auch, „Wenn der Tag graut“, was Herrn Lindner in der Formulierung zu stören scheint. Es ist kaum zu glauben, dass Herr Lindner im Internet nach Schreiben sucht, entweder suchen Anwälte, oder aber in der FDP werden Personen dafür abgestellt. Hier schließt sich der Kreis, F.P. ist als ehemaliges FDP-Mitglied in Ungnade gefallen, wird massiv mit Klagen überhäuft. Ein Schreiben löst zwei Klagen von Herrn Lindner, NRW, aus, in LG Hamburg und LG Frankfurt am Main, F.P. lebt aber bei Neumünster. Richter geben diesem Spiel einen Sinn, bestätigen Eilanträge mit hohen Klagewerten. Ist das der Anfang das freie Wort mit der Staatsgewalt zu unterdrücken? Wo bleibt die viel zitierte Freiheit der FDP in Schrift und Wort. Werden Bürger jetzt mit hohen Klageanträgen in die Armut getrieben, um die Diktatur einzuläuten? Hätte Herr Lindner wie mehrfach aufgefordert, nicht in die Diskussion eintreten müssen? Welches Spiel treibt Herr Lindner wirklich? F.P. vertritt die Meinung, er ist gefährlich für unsere Demokratie, Machtbesessen und drängt an die Macht nach Berlin. Das Rechtssystem in Deutschland muss reformiert werden, zu viele Richter und Anwälte sind sich gefällig, was sich in Urteilen und Beschlüssen wiederspiegelt und das Volk nicht mehr versteht.“.