Die Vorratsdatenspeicherung verstößt in ihrer konkreten Ausgestaltung gegen Artikel 10 GG. Die bislang erhobenen Daten müssen unverzüglich gelöscht werden.
via Netzpolitik
Der Haken daran: Die Vorratsdatenspeicherung war von Anfang an nicht etwas wie das Pastabäckernachschulungsgesetz (ein Lehrbuchfall, anhand dessen man Eingriffe in Artikel 12 GG lernen soll), es war gezielt verfassungswidrig, weil die verantwortlichen Politiker den Boden des Grundgesetzes nicht mehr für stabil genug hielten. Aus der Unschuldsvermutung wurde die Schuldvermutung: Jeder ist solange schuldig, bis seine Unschuld erwiesen ist. Schäuble wollte das Präventionsstrafrecht. Und er wurde von allen wesentlichen Politikern darin unterstützt.
Genau diese Politiker sollen jetzt die neuen Vorgaben mit Leben erfüllen. Den Punkt des Richtervorbehalts werden sie lächelnd hinnehmen, kein Richter prüft Anträge der Staatsanwaltschaft. “Eine heimliche Verwendung der Daten darf hier nur vorgesehen werden, wenn sie im Einzelfall erforderlich und richterlich angeordnet ist.” Heißt also: Heimlich dürfen die Daten immer dann verwendet werden, wenn ein Staatsanwalt das will.
“Angesichts des Gewichts der Datenspeicherung kommt eine Verwendung der Daten nur für überragend wichtige Aufgaben des Rechtsgüterschutzes in Betracht.” Wer legt fest, welche Aufgaben des Rechtsgüterschutzes überragend wichtig sind?
Genau der Gesetzgeber, der die erste Attacke auf die Verfassung geritten ist. Das liegt in der Natur des Rechtsstaates. Dass aber DIESELBEN PERSONEN es noch einmal versuchen dürfen – das liegt daran, dass es bei uns leider nicht üblich ist, dass gezielter Verfassungsbruch personelle Konsequenzen hat. Personelle Konsequenzen gibt es bei vagen Hitlervergleichen, fragwürdigem Dienstwagengebrauch und Flugzeugmissbrauch – die Verfassung zu schänden ist unproblematisch.
Es müsste jetzt eine Rücktrittswelle ohne gleichen geben. Stattdessen werden die Wölfe weiter die Schafe hüten. Und die Schafe? Die feiern.
Update
Thomas Stadler: Vorratsdatenspeicherung – Kein Sieg für die Bürgerrechte
Heribert Prantl: Gruslige Aussichten