Wieder ins Bonfini, warum nicht einfach alles immer gleich machen? Elisa ist entzückend. So süß und normal. Alles ist normal bei ihr, das sagt sie auch so. Ihre Eltern haben normale Berufe, ihr Abi war normal (1,2!), sie findet sich normal hübsch und sie wichst ganz normal mit dem Duschkopf. Sie ist ganz normal unverkrampft und es ist ganz normal, dass ich sie wieder nach Hause fahre und sie fängt ganz normal an der Tür an, mich zu küssen, denn wir sind ja nicht fünfzehn, ist ja klar, wozu wir uns getroffen haben.
Als ich mit ihr schlafe, sehe ich etwas in ihr, das ich nach dem Orgasmus nicht mehr wiederfinde.
Ihre beknackte CD-Sammlung, ihre lächerlich ordentlich an der Wand aneinandergereihten Postkarten, die einzelnen Urlaubsgrüße im immer gleichen Abstand. Erstsemester ist sie, ihre Ordner sind mit Kleinmädchenschrift bemalt, die Klamotten für den nächsten Tag sind schon rausgelegt.
Als ich noch einmal mit ihr schlafe, verliebe ich mich für einen Moment in sie. Sie streckt ihre wunderschönen Arme nach hinten, ihre Brüste ragen empor, ihr Atem geht schnell und ihre Augen schimmern feucht. Sie drückt sich an mich und ich sage ihr, dass alles gut wird. Was auch immer.
Danach fragt sie, ob wir uns wiedersehen.
„Ist doch normal“, sage ich.
Bei einem Stürmer, der lange keinen Treffer mehr erzielt hat, sagt man, wenn er wieder das Tor getroffen hat (und die Situation ist ja nun offensichtlich vergleichbar): Der Knoten ist geplatzt. Leider ist das nur eine Sportreporterweisheit. Die Sportwissenschaft weiß längst, dass Sportreporterweisheiten nicht zutreffen. Die 45. Minute ist kein ungünstiger Zeitpunkt, ein Tor zu kassieren (es gibt keinen günstigen), der Heimvorteil verkehrt sich bei wichtigen Spielen in sein Gegenteil und Mannschaften haben keinen Lauf. Knoten platzen nicht. Man ist gut oder nicht. Eine Schwalbe macht noch keinen Elfer und einen Sommer erst recht nicht. Dabei ist es doch so heiß. Als ich aufwache, habe ich Elisas Geruch noch in der Nase. Ein guter Geruch. Sie hat mir eine SMS geschrieben.
„na, du. habe gerade ein video von einem hamster auf klaviertasten gesehen und musste an dich denken *g *“
Ich beschließe, sie zu überraschen. Was an Frauen unter vielem anderen so toll ist: Fast alle freuen sich über Blumen. Ich kaufe ihr welche. Natürlich besteht die Gefahr, dass die Botschaft dieses Blumengeschenks überinterpretiert wird, aber ich habe schon meiner Mutter vom Weg aus der Schule zurück manchmal Blumen mitgebracht. Also klingele ich mit den Blumen hinter dem Rücken bei Elisa und sie freut sich, mich zu sehen, stellt die Blumen in eine Vase und sagt: „Aber du solltest da jetzt nichts überinterpretieren.“
Wir gehen einen Kaffee trinken und die nächsten zwei Stunden sind sehr angenehm. Sie ist eine von den selbstgenerierenden Erzählerinnen. Sie plappert unverdrossen vor sich her und wenn sie an das Ende eines Gesprächsfadens gelangt ist, knüpft sie einen neuen hinten dran. Wir reden über Diäten und Heidi Klum, Wasser, Fitness und YouTube-Videos. Es ist fantastisch unanstrengend.
Dann gehen wir wieder zu ihr und schlafen sehr freundlich miteinander.
Ich mag Elisa. In der nächsten Zeit sehe ich sie alle paar Tage. Manchmal albern wir nach dem Sex noch rum und machen uns Komplimente. Vielleicht ist sie etwas mehr verliebt in mich, als sie es sagt, vielleicht aber auch etwas weniger, als es den Anschein hat. Während wir miteinander schlafen wirkt sie sehr gerührt, aber vorher und nachher könnte ich auch ihr Bruder oder (mein Gott!) ihr Vater sein. Ich frage sie natürlich nicht, worüber sie so gerührt ist.
ich find’s wunderbar. :)
Meine Güte, wie die Zeit vergeht. Am 11.08. gab’s die letzte Geschichte, und die neue hab ich wieder sehr gemocht.
Ich find es schön wie du schreibst und freu mich immer sehr.
Schönen winterlichen Tag noch.
Tristesse normal?
“Als ich mit ihr schlafe, sehe ich etwas in ihr, das ich nach dem Orgasmus nicht mehr wiederfinde.”
absichtlich doppeldeutig?
@Capsaicin
Mhm: Ich sehe da gar keine Doppeldeutigkeit – was meinst du denn?
@Kaal
Mist, DAS hätte mir mal als Titel einfallen sollen:)
@Holger
War mir gar nicht bewusst. In Internetzeit sind das ja mehr als zehn Jahre. Mathias meinte schon zu mir:
“Paul? Der hat noch die AOL-Freisurf CD-Roms von mir.”
@Malte
Ah gut dann bestätigst du nur meine Versautheit.
Gut imitiert, aber die Geschichte wurde nicht von Malte geschrieben, sonst wäre eine Drogenerfahrung eingearbeitet. So wie Hitchcock stets kurz durchs Bild spazierte, signiert Malte alles mit Drogen.
@schläfer
aber der sex?
@Malte
Ich dachte, sie schlafen normal freundlich miteinander? Oder meinst Du das, was er nach dem Clymaxx nicht mehr wiederfindet?
Ich überlege gerade, ob ich diese Geschichte meiner Ex schicke die sich immer noch fragt, warum ich schluss gemacht habe. Natürlich nur mit deinem Einverständnis. Aber… ich glaube, sie würde es nicht verstehen. Ach.
Generell aber eher ein hach. Wieder mal gut geschrieben, mehr von Paul bitte!
Lieben Gruß, Dominik (Pinguwien)
Du kannst natürlich alles verschicken – aber ob das so nett wäre?
wohl nicht. Und wir sind ja nett. Seufz.
Endlich :D
Text gelesen. Feed abonniert. Anderen Paul-Text gelesen. Fan geworden. Alle Paul-Texte gelesen.
In der Reihenfolge.
Danke.
Ich bin auch gerührt :)
Danke dafür endlich wieder.