Ich habe gerade in der Süddeutschen den Bericht über den Prozess um den Mord an der achtjährigen Michelle aus Leipzig gelesen. Die Schilderung des Tatablaufs ist ungeheuer detailliert, was natürlich auch Fragen aufwirft, die ich aber hier gerne beiseite lassen würde.
Wer hier schon länger mitliest, dem dürfte aufgefallen sein, dass ich harten Strafen kritisch gegenüberstehe und dass ich mit meinen Ansichten eher keine Bundestagswahlen gewinnen würde. Aber bei so einem Fall bin ich tatsächlich froh, dass es mittlerweile auch für jugendliche Straftäter die Möglichkeit der nachträglichen Sicherheitsverwahrung gibt.
Ich weiß, in was für einer unangenehmen Gesellschaft ich mich mit dieser Ansicht befinde, aber eine solche Tat setzt eine so tiefgreifende Störung voraus, dass ich mir eine Heilung innerhalb von 10 Jahren kaum vorstellen kann.
Die herausgebrochenen Schneidezähne dieses Kindes – gottverdammt.
@ tinchen
bei meinen einwänden geht es nicht darum, dass ich es bevorzuge, die details aus selbstschutz nicht wissen zu wollen. wenn man die bloßen tatsachen wie mord oder vergewaltigung hört, sollte das meiner meinung nach schon reichen, um zu betrüben und zu erzürnen. ich erwarte also von meinen mitmenschen die ganz normale sensibilität. wer mehr braucht tut mir leid.
des weiteren schließe ich mich malte an, die würde eines menschen endet nicht mit seinem leben.
wenn ein mensch seiner würde beraubt und grausam getötet wird, finde ich es vollkommen unangebracht und respektlos, wenn die presse alle zu zuschauern macht. ich empfinde es hier als doppelt so schlimm, da es sich um ein kind handelt.
deshalb hat mich auch die berichterstattung so verärgert. friedrichsen kritisiert den gerichtsmediziner, der einem saal voller menschen diese bilder gezeigt hat. sie hat vollkommen recht und ihre kritik ist gut formuliert und mehr als angebracht. sie kritisiert ihn, weil er die würde des opfers und seiner angehörigen verletzt. in demselben artikel beschreibt sie genau, was auf diesen bildern zu sehen ist. damit hat sie sie in die köpfe aller leser gebracht und das von ihr kritisierte selbst getan, zwar mit worten, aber vor noch größerem publikum.
manchmal ist es nicht schweigen aus feigheit, sondern schweigen aus anstand und respekt.
In dem Artikel von Gisela Friedrichsen wird der Tathergang allerdings noch erheblich brutaler geschildert als in dem SZ-Artikel.
@ Maltefan: Ja…
@ M & M: Ich finde, da muss man differenzieren. Dass es Fälle gibt, bei denen das so ist und welche, bei denen die Würde regelrecht wiederhergestellt wird und mag es auch “nur” indirekt für die Zukunft Anderer sein.
Ganz polemisch gefragt: Was ist ein Bild vom blutenden Jesus Christus?
Ein Beispiel für einen hochintelligenten, perversen und wegen dieser Kombination sicher gefährlichen Täter: http://www.tagesspiegel.de/berlin/Polizei-Justiz-Sadomasochismus-Mord;art126,2878298
Vermutlich wird der schon nach einigen Jahren entlassen sein, weil er das therapeutische Spiel durchschaut. Und wenn danach ein Rückfall kommt, wäre das ein unnötiger. Mit einer unumkehrbaren SV ginge man hier auf Nummer sicher.
@ Piratenwahl:
“10 Jahre sind eine sehr kurze Zeit, wenn danach derselbe Mensch, nachdem er Gutachter belogen hat, wieder ein Kind umbringt. Ich kann das möglichen Opfern gegenüber nicht rechtfertigen, zumal kein Demokratieverlust durch harte Strafen gegenüber Extremtätern eintritt.”
Jeder Mensch muss die Chance auf Rehabilitation erhalten. Wenn er sie nicht nutzt, oder nicht nutzen kann, gibt es Sicherheitsverwahrung. Das ist gar keine Frage. Wenn man einem Menschen von vorneherein eine 0% Chance einräumt, wäre es aus staatsphilosophisch-demokratischer Perspektive wesentlich sinnvoller, ihn zu töten (und Geld lieber für Bildung, Umwelt und andere Töpfe auszugeben).
Zum Glück kann das nicht meine Position sein, und zum Glück komme ich auch erst gar nicht in die Situation, diese unangenehme Position abwägen zu müssen, weil mir dafür (im übrigen als Psychologe) die Prämisse der Nicht-Rehabilitationsfähigkeit fehlt. Die du offensichtlich vertrittst.
Und klar, man kann hier 2 Fehler machen, und muss das Problem von der Error-Management-Theory her aufgreifen. Lieber 2 Jahre länger einsperren, als noch ein totes Kind. Keine Frage. In den Randbereichen dieser Problemstellung wird es allerdings schwieriger.
“Die USA [sind] aber die Demokratie, die sich bis jetzt am längsten gehalten hat. Harte Strafen gegenüber einzelnen perversen Tätern hat es dort immer gegeben.”
Wenn das eine korrelative Betrachtung ist, ist sie natürlich vollkommen irrelevant (je mehr Feuerwehrleute, desto größer der Brandschaden; je weniger Störche, desto weniger Kinder).
Wenn sie kausal gemeint sein sollte, und du tatsächlich behauptest, dass (A) mit (B) kausal verknüpft ist, dann würde ich dafür gerne irgendwelche Langzeitstudien haben.
Ich habe zufälligerweise 2 Jahre bei der Polizei gearbeitet und kenne einige aus den Staaten. Drakonische Strafen sind *vollkommen* ineffizient zur Verhinderung von Straftaten.
ta-ta
E.
Meine Aussage über die USA ist lediglich die Widerlegung der oft behaupteten These, harte Strafen führten schnell von der Demokratie in die Diktatur.
In der Tat vertrete ich die Meinung, einige wenige Extremstraftäter- vermutlich bundesweit um die 10000- seien nicht mit hinreichender Sicherheit resozialisierbar bei gleichzeitiger extremer Gefährlichkeit. De facto vertritt übrigens unsere Justiz die These auch, Maßregelvollzug und Sicherungsverwahrung werden wesentlich restriktiver gehandhabt als noch vor 10 Jahren. Ehrlicher wäre es, konsequent restriktiv zu sein und diesen Täter eine unumkehrbare Sicherungsverwahrung aufzuerlegen. Der Weg der USA bei der Bekämpfung von Straftaten stört mich auch, denn da werden mit der Gießkanne härteste Strafen ausgekippt. Genau das will ich vermeiden, ich schlage z.B. einen Hausarrestvollzug für jeden nicht gewalttätigen Straftäter vor, wäre billiger und würde manche Knastkarriere verhindern. Meines Erachtens könnte man so die Gefangenenzahlen um 30000 senken.
Im Übrigen warte ich immer noch ernsthaft auf weiterführende Antworten… Oder habt Ihr “keine Eier in der Hose”, den Diskurs weiter zu führen?
@ tinchen
falls eine erwünschte weiterführung des diskurses für dich so aussieht, dass du eine antwort auf deine polemische frage bekommst, dann muss ich leider gestehen, dass mir da bis heute nichts zu eingefallen ist.
wo willst du hin mit deiner frage? wozu brauchst du das götzenbild der katholischen kirche? etwa um mir ein leuchtendes beispiel von nachträglich wieder hergestellter würde zu geben?? oder nur um mich zu verwirren?
@ m.:
Erstens meinte ich gar nicht Dich, denn Du hattest Deine Antwort ja bereits gegeben.
Zweitens bin ich der Auffassung, dass man Sachverhalte nur dann unabhängig ansehen und einordnen und anfassen kann, wenn man es eben tatsächlich unabhängig macht. Aus Scheu, in der Ecke der BILD-Zeitunfg zu landen, aus Versehen wie der STERN zu argumentieren, leider Gottes auch mal wie die Kirche klingen, kann ich zumindest eines nicht in Anspruch nehmen: einen freien Umgang mit etwas. Und muss eingestehen, dass ich die Argumentation dem Umfeld anpasse und nicht anders herum.
Darauf will ich hinaus.
Ein Götzenbild war auch erst nichts als ein Bild.
Und Spielchen treibe ich eh nicht, also nichts wurde geschrieben, um Dich zu verwirren…
@ m.:
Erstens meinte ich gar nicht Dich, denn Du hattest Deine Antwort ja bereits gegeben.
Zweitens bin ich der Auffassung, dass man Sachverhalte nur dann unabhängig ansehen und einordnen und anfassen kann, wenn man es eben tatsächlich unabhängig macht. Aus Scheu, in der Ecke der BILD-Zeitunfg zu landen, aus Versehen wie der STERN zu argumentieren, leider Gottes auch mal wie die Kirche klingen, kann ich zumindest eines nicht in Anspruch nehmen: einen freien Umgang mit etwas. Und muss eingestehen, dass ich die Argumentation dem Umfeld anpasse und nicht anders herum.
Darauf will ich hinaus.
Und das wollte ich: unabhängige Antworten erhalten.
Ein Götzenbild war auch erst nichts als ein Bild.
Und Spielchen treibe ich eh nicht, also nichts wurde geschrieben, um Dich zu verwirren…
Oops, da hat sich was gedoppelt. Der zweite Eintrag gilt.