Wenn man auf einer Party ist, die “Das kleine Fernsehspiel” heißt, geht es einem ein bisschen wie den Deutschen nach ‘45 – irgendwie ja auch selber Schuld. Ganz viele Gesichter kommen mir vage bekannt vor aus Fernsehfilmen und Serien, bei denen ich immer einschlafe, weswegen ich schnell sehr müde werde.
Es läuft keine Musik, nein, ganz leise im Hintergrund dann doch und mir fällt auf, dass ich schon einmal in dem Club war, aber laut sieht er ganz anders aus, jetzt ist alles Lounge.
An die Wände werden Ausschnitte aus Filmen, die in der Reihe “Das kleine Fernsehspiel” liefen, gezeigt und die Gesprächsfetzen lauten “Die hat in meinem Film die Musik gemacht”, “Die meisten arbeiten umsonst” oder “Der hat ein ganz gutes Gesicht.”
Ein paar verwegene Gestalten rauchen, vermutlich Beleuchter, die anderen schauen in ihre Apfelsaftgläser.
Irgendwann bin ich endlich betrunken und werde bedrückenderweise sexuell hochmotiviert.
Ich gäbe ein mittleres skandinavisches Königreich für einen seelenlosen kleinen Fernsehspiel-Fick auf einer der tadellos sauberen Toiletten, aber die gutaussehenden Frauen sind in hochkomplizierte Vertragsverhandlungen über Filmförderung vertieft und die anderen sehen aus wie Regieassistentinnen für “Das kleine Fersehspiel”, was klingt wie ein Benjamin von Stuckrad-Barre-Scherz, aber ausnahmsweise der Realität entspricht.
Immer häufiger habe ich das Gefühl, die Wände seien verspiegelt, aber wir sehen nur alle gleich aus. Außer dieser einen aus dem Tatort Münster.
Plötzlich wird die Musik lauter und Björk, tatsächlich Björk läuft, vermutlich war es eine Finanzkrisenperformance und ich hatte Angst, kurz auftretende nackte, kalte Angst, dass jemand tanzen könnte.
Auf der Toilette kam automatisch mit Werbung bedrucktes Papier aus dem Spender, wenn man in einigen Zentimetern Entfernung an dem Sensor entlang fuhr. Das hatte ich zuvor noch nie gesehen und ich wiederholte den Vorgang einige Male im Laufe des Abends.
Aber man wundert sich einfach nicht mehr so richtig über Neues.
Nix für ungut, Malte, aber das ist mir definitiv zu literarisch-ausufernd. Komisch, ich hab dich bei Spreeblick ganz anders in Erinnerung. Ich sehe ein Problem, das sich automatisch stellt, wenn man so schreibt. Wie kann etwas, das du als etwas Nichtiges, Belangloses beschreibst, nichtig und belanglos dem Leser vorkommen, wenn dein Aufwand, der offenbar nötig zu sein scheint, die Nichtigkeit zu beschreiben — vulgo: die Anzahl verwendeter Worte — den Eindruck erweckt, als handele es sich bei der Nichtigkeit mitnichten um etwas Belangloses, sondern — ganz im Gegenteil — um etwas Wichtiges? Aus diesem Dilemma kommste m.E. nicht ohne weiteres raus. Ich nenne das inkohärentes Schreiben. Dein Ziel (intendierte Aussage des Textes) widerspricht den eingesetzten Produktionsmitteln. Ich fühle mich da als Leser betuppt. Die Authentizität geht flöten.
Habe dich gerade bei YouTube gesehen mit Heinser. Du hast die Stimme von Schweiger und das Gesicht von Tobi Schlegl (minus der Leberflecke)! Ich weiß nicht, wie ich das finden soll. Du sagst dort, Behinderte habe man früher noch auf die Straße gelassen. Also ich kann gehen, wohin ich will. Innerhalb der Mauern latürnich ;-)
Es ist dir schon wichtig, immer zu posten, mit welch wichtigen und prominenten Leuten man auf Parties geht, oder? Im gleichen Atemzug muss dann aber direkt alles so hingestellt werden, dass solche Parties ja eigentlich völlig Banane sind.
Finde ich ziemlich langweilig. Beschreib doch mal was anderes als dein Ego-Problem…So anders als die Leute die da rumlaufen bist du auch nicht.
Ich fands gewissermaßen interessant weil ich grad nen fetten Stuckrad-Barre Flashback hatte ~ find ich eigentlich ganz gut
Hmm Jill meinst du das das ganze autobiographisch ist? Ich dachte eher das sei fiktional…
Ich bin mir nicht so sicher und irgendwie lassen mich die Texte hier in letzter Zeit ratlos zurück.
Obwohl sie angenehm zu lesen sind, aber ich frag mich:
Was will er uns damit sagen?
Nach Fiktion klingen diese kleinen Stories nicht und wenn Malte ne Einladung im rahmen der Berlinale bekommt, geht er doch bestimmt hin ;-)
Ich hab selber lange in Berlin gewohnt und kenne solche Parties zur Genüge. Es sind halt viele Filmschaffende etc in Berlin und “Das kleine Fernsehspiel” ist trotz des behämmerten Namens eigentlich eine sehr coole Einrichtung, um jungen Regisseuren mal eine Plattform zu geben.
Das man solche Leute nicht mag, kann ich verstehen, aber warum geht man dann hin? Nur um sich aufzuregen, weil man etas anderes/besseres ist? Wenn man diese ganze Mischpoke nicht mag sollte man sehr schnell aus Berlin wegziehen ;-)
Der Abschaffel der digitalen Boheme …
das schöne ist: da ich den text gestern nacht betrunken geschrieben habe, können wir den jetzt gemeinsam interpretieren:
zunächst wurde der text um drei geschrieben. ich hatte aber das gefühl, es sei schon sechs. was dafür spricht, dass die zeit wahnsinnig langsam vergangen ist.
womit tills these der inkohärenz widerlegt ist.
da niemand von den leuten, mit denen ich da war, erwähnt wird und auch kein gespräch, das ich hatte, wiedergegeben, ich aber tatsächlich an diesem ort war, leise musik lief und später björk und auch die papierspender existierten, würde ich ihm auf der fiktionalitätsskala eine 7 von 12 geben.
die schlussfolgerung, ich solle doch aus berlin fortziehen, dehnt den rahmen der interpretation dann doch sehr weit.
wie auch immer – ich muss gerade mal aspirinieren.
Ich freue mich ja in erster Linie über die stark gestiegene Postingfrequenz hier :)
Mir hat der Text Spaß gemacht und was einige hier an den Tag legen ist doch genau diese Deutschunterricht-Mentalität, für die wir doch eigentlich alle zu alt sein sollten. Es ist ein Schnapschuss aus Maltes Befindlichkeit – auch dafür gibts doch so ein Blog. Ich weiß gar nicht, was manche hier an Erwartungsselbstverständlichkeiten ableiten (und woraus sie die ableiten weiß ich auch nicht).
Und manche schreiben hier Kommentare, die länger sind als der eigentliche Text, um sich darüber zu beschweren, dass Malte zu viele Worte benötigt, um eigentlich Nichts zu sagen? Da muss ich mich doch mindestens am Kopf kratzen.
Was ich eigentlich sagen wollte: Danke Malte :)
ich finde, blogs sind dazu da, vom blogger zu erwarten, dass er einem den deutschlehrer und den zu interpretierenden autoren gibt, weshalb blogs toller sind als die interpretationshilfen, die man als schüler immer so gern gehabt hätte, aber zu faul war zu bestellen.
darüber hinaus, find eich es wichtig, sich aufzuregen, weil ich gerade mein blog für eine soziale einrichtung halte: jeder, der hier randaliert, kann unterdessen keine omas verprügeln. und gerade jill habe ich da im verdacht, einschlägige erfahrungen gemacht zu haben. ich sehe da latenten hass auf nicht-böhmische berliner.
Dein Blog ist also so etwas wie die Cliff Notes fürs Leben?
Und Du spielst den muffigen deutschlehrenden Sozialarbeiter?
Ok. Kann ich mit leben.
huh? Randalieren ist wohl etwas anderes und mir vorzuwerfen, ich würde Leute verkloppen ist schon etwas sehr weit hergeholt. Ich rege mich über deine Geschichtchen auch nicht auf, es gibt bei weitem wichtigeres.
Ich finde deine Attitüde oft ein wenig zu sehr “Ich bin so besonders weil ich blogge und Künstler bin”. Mir Kritik scheinst du jedenfalls nicht so dolle umgehen zu können.
@robert
ja, gerade die muffigkeit ist wichtig, das ist hier ja keine wellness-oase.
@Jill
interessant. woraus schließt du diese attitüde?
Ich finde die letzten Texte sehr gut. Bißchen Arroganz muß sein. Und wenn Du noch über Dich selbst lachen kannst – Kompliment, Malte.
Mir fehlt bei solchen Texten das Eigenständige. Es gibt zuviele Menschen die (glauben) so ähnlich schreiben (zu müssen). Ich halte das für ein Irrtum.
Martin
Impulskäufer aus Zelle 3
Alkohol ist keine Lösung!
Andere Menschen, andere Probleme.
Kurzer Nachtrag: Du hast Texte verfasst, die ich sehr gut finde. Und die eben, zumindest für mich, noch stärker einen eigenen Stil hatten.
der text ist doch schön zu lesen und erhebt gar keinen anspruch darauf, dass der autor irgendwas besseres sei. er treibt durch die nacht, beobachtet, staunt, verachtet ein wenig, schreibt es sehr gekonnt auf. fertig.
was die leute immer alles vom internet erwarten. was andere leute tun oder schreiben sollen… ach herrje.
@till
malte will nichts sagen er will nur erzählen, möglichst witzig, kunstfertig, pointenreich stimmungen, eindrücke widerspiegeln… das gelingt mal mehr mal weniger gut.
sagen im sinne eines allgemeinen postulats will der dichter uns nichts, hoffe ich zumindest.
“Das kleine Fernsehspiel” ist oft bemerkenswert gut. Aber das muss ja nicht zwangsläufig für die Party gelten..
Ich halte es für völlig normal, dass man auf seinesgleichen einen umso kritischeren Blick wirft. Ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass es anderen auf der selben Party exakt genauso ging wie Malte, nur wissen sie es nicht voneinander. Ob Film, Fernsehen, Musik, Kunst … sie haben alle ihre Szene in der man sich blicken lassen muss obwohl sie einem oft tierisch auf den Sack geht.
Und ein hingerotzter Text ist da manchmal genau das richtige.
habe den text jetzt zwei mal gelesen und finde ihn immer noch gut.
Ich lese dieses Blog aus Interesse am Stil des Autors und der Art und Weise, wie er Gedanken, wilde Ideen und möglicherweise selbst Erlebtes in Geschichten umsetzt.
Nicht alles, was mir gefällt, kommentiere ich auch, ebenso wenig wie ich alles kritisiere, was mir missfällt.
Angesichts der hier geführten Diskussion, die einem ja häufiger begegnet, möchte ich aus einem fremden Kommentar zitieren, der mir aus der Seele spricht:
“….Genau für die unfertigen Gedanken, die steilen Behauptungen oder Felder von Assoziationen gibt es Weblogs; wohl dem Weblogbetreiber, der fähige Kommentatoren hat; dann sind Weblogs nämlich eine moderne und feine Sache….
Die fertigen Meinungen und Weltmodelle kann man in Stein meisseln oder wenigstens in Bücher reinschreiben und in’s Regal stellen. Dann sind sie endlich weg.
Meiner Meinung nach sind Meinungen als solche, insbesondere dann, wenn sie nicht auf subjektiver Erfahrung fußen, übrigens ganz schöner Blödsinn und das ewige Rumgemeine überall nervt auch ganz schön.”
Danke für die kleine Berlinale-Geschichte, Malte, mir hat sie auch gefallen.